Patientenzeitschrift "Am Puls der Medizin"

Krampfadern sind die häufigste Erkrankung der oberflächlichen Beinvenen: Die Venen sind erweitert und der Blutfluss gestört. Das Blut fliesst – anstatt Richtung Herz – zurück in die Beine und verursacht dadurch Blutstauungen, die zu einer Flüssigkeitsansammlung im Gewebe führen, einem sogenannten Ödem. Krampfadern bilden sich nicht von alleine zurück. Es gibt aber zahlreiche, unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten für die verschiedenen Ausprägungen der Krampfadern.

Die Ursache einer Veneninsuffizienz (Blutflussstörung) ist meist eine erbliche Bindegewebsschwäche. Krampfadern kommen bei rund der Hälfte der Schweizer Bevölkerung vor, Frauen und Männer sind gleichermassen davon betroffen. In vielen Fällen lösen Krampfadern keine Symptome aus, nur 20 % der Patienten leiden an Beschwerden. Diese sind Juckreiz, Hautreizungen, geschwollene und schwere Beine, manchmal auch Hitze- oder Kältegefühl. Weit seltener sind Schmerzen, Krämpfe oder gar ein offenes Bein.

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Abb. 1
Duplexsonographie der Beinvenen
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Abb. 2
Schaumsklerotherapie
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Abb. 3
Endoluminale Laserbehandlung grosser Venen
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Abb. 4
Ambulante Chirurgie der Venen

Der Schein kann trügen

Das äussere Erscheinungsbild der Venen entspricht oft nicht der effektiven Blutflussstörung. Deswegen ist eine rein klinische Beurteilung der Beine mit blossem Auge nicht zuverlässig. Um das Ausmass von Krampfadern abzuklären, wird eine farbkodierte, funktionelle Doppler-Ultraschalluntersuchung (Duplexsono­graphie) durchgeführt. Dank der diagnostischen Überlegenheit dieser Untersuchung sind klinische Funktionstests sowie die teurere röntgenologische Darstellung der Venen mittels Kon­trastmittel (Phlebographie) praktisch nicht mehr nötig.

Krampfadern unterscheiden sich stark in Ausmass, Verlauf und Durchmesser. Deshalb ist es wichtig, aus den verschiedenen Behandlungsmethoden die für den Patienten geeignete auszuwählen. Die Erfahrung des Arztes in den einzelnen Therapiemöglichkeiten ist entscheidend für eine kompetente Beratung.

Individuelle Therapie – vom Stützstrumpf bis zur Operation

Bei einer zeitgemässen Behandlung von Krampfadern stehen das Erfassen der Beschwerden und eine genaue Untersuchung der Venen durch einen Venenspezialisten (Angiologen) im Vordergrund. Im anschliessenden Gespräch mit dem Patient wird die individuell am besten geeignete Therapieform festgelegt.

Grundsätzlich kann jedes Venenleiden mit einfachen Mitteln und ohne chirurgischen Eingriff, d. h. konservativ behandelt werden. Die Kompression des oberflächlichen Venensystems durch Stützstrümpfe oder Einbinden der Beine ist von zentraler Bedeutung. Dadurch werden der venöse Blutrückfluss in die Beine und die Schwellung deutlich vermindert.

Ambulante, minimal invasive Eingriffe

Der Vorteil der minimal invasiven Methoden liegt darin, dass das Gewebe nur geringfügig verletzt wird und dass die Eingriffe unter örtlicher Betäubung ambulant in der Arztpraxis durchgeführt werden können.

Eine kostengünstige, minimal invasive Behandlung ist die Schaumverödung der Venen. Unter Ultraschallkontrolle wird der betrof­fene Venenabschnitt gezielt mit einer Nadel angestochen und ein hochaktiver Schaum eingespritzt. Dieser bewirkt eine Ent­zündung der Gefässwand und damit eine Einengung der Gefässlichtung. Oft entsteht auch ein Thrombus (Blutpfropf im Gefäss), der den Blutfluss in die falsche Richtung vollständig blockiert und das ursprüngliche Gefäss vernarben lässt. Der Behandlungserfolg kann mittels Ultraschall sofort überprüft werden. Diese Methode ist allerdings nicht geeignet für junge, sportliche Patienten mit einer Venenerweiterung auf über acht Millimeter, da bei diesen nach zwei bis fünf Jahren häufig Rückfälle auftreten.

Kleine, oberflächliche Venenäste können unter örtlicher Betäubung mit einem Häkchen herausgezogen werden. Dieses ambulante Verfahren wird Häkchenmethode oder Phlebektomie genannt. Die Hautschnitte sind nur ein bis zwei Millimeter lang, sodass sich in der Regel keine Narben bilden.

Auch insuffiziente grössere Venenabschnitte, sogenannte Stammvarizen, können unter ausgedehnter örtlicher Betäubung ambulant verschlossen werden. Dies geschieht mittels Radiofrequenz-Kathetertherapie oder endoluminaler Laserbehandlung. Über einen in die Vene eingeführten Katheter wird mit Radiowellen oder Laserstrahlen lokal Hitze produziert, welche die Gefässwand schädigt und so die Gefässlichtung veröden lässt. Wenn zu wenig Wärme in die Venen abgegeben wird, können Rückfälle auftreten. Diese sind aber einfach zu behandeln, da im Vergleich zur klassischen Chirurgie weniger Narben entstehen. Beide Methoden sind gleich effizient. Die Erfolgsrate fünf Jahre nach der Behandlung ist vergleichbar mit jener der chirurgischen Eingriffe. Da mit den Krankenkassen bisher kein Tarif ausgehandelt wurde, müssen allerdings die Behandlungskosten weitgehend vom Patienten selbst übernommen werden.

Neue ambulante Methoden, wie die Verödung von grossen oberflächlichen Venen mit Wasserdampf, sind vielversprechend, Langzeitergebnisse stehen aber noch aus.

Chirurgische Eingriffe

Im Zentrum der klassischen Chirurgie steht die Crossektomie, die operative Entfernung der sogenannten «Crosse», des Einmündungsstücks der grössten oberflächlichen Vene des Beins in die Beinhauptvene im Bereich der Leiste – mit oder ohne anschliessendem Herausziehen der insuffizienten Venen (Stripping).

Nach dem Eingriff muss der Patient ein bis zwei Nächte im Spital bleiben und ist für rund zwei Wochen arbeitsunfähig. Ein Vorteil der klassischen Chirurgie ist, dass auch grosse insuffiziente Venen nachhaltig behandelt werden können. Zudem sind die Eingriffe heute deutlich weniger gewebsverletzend (invasiv) als früher. Sie sind sogar praktisch narbenfrei möglich, da die zu strippenden Venenabschnitte gezielt angegangen werden können, falls sie vorgängig mittels Duplexsonographie genau lokalisiert und auf der Haut markiert wurden. Im Vergleich zu den minimal invasiven Behandlungsmethoden ist die klassische Chirurgie von Krampfadern aber kostspieliger.

Ärzte 1

Facharzt für: Angiologie (Gefässmedizin) , Allgemeine Innere Medizin