Patientenzeitschrift "Mittelpunkt"

Dank einem neuen Laserverfahren können defekte Elektroden von Herzschrittmachern und Cardioverter-Defibrillatoren schonend und ohne Eröffnung des Brustraumes eliminiert und ersetzt werden. Das Verfahren eignet sich auch für ältere Patienten mit Begleiterkrankungen.

laser-elektrodenextraktionssystem-2
Abb. 1
a. Biegsame Schleuse, die zur Extraktion über die Schrittmacherelektrode geführt wird. Die Laserschleuse besteht aus Kunststoff mit optisch leitenden Fasern.
b. Metallspitze der Kunststoffschleuse. Diese enthält den Diodenring für das Laserlicht an der Spitze.
c. Elektrode
d. Narbige Verwachsung der Elektrode mit der Venenwand oder dem Herzinnern
herz-schrittmacherelektroden
Abb. 2
e. Elektrode, verwachsen mit der rechten Herzkammerwand, mit fibrösem Narbengewebe
f. Über die Elektrode geführter Laserextraktor

Bei anhaltenden und schweren Herzrhythmusstörungen werden seit den 1970er-Jahren Herzschrittmacher und seit den 80er-Jahren Cardioverter-Defibrillatoren (ICD) eingesetzt, die helfen, das Herz wieder in den richtigen Rhythmus zu bringen. Die Zahl der Schrittmacherimplantationen steigt in der Schweiz stetig an: Im Jahr 2011 waren es 4400. Noch stärker nimmt die Zahl der implantierten Cardioverter-Defibrillatoren zu, 2011 waren es beinahe 1000.

Die Geräte verfügen über mehrere Elektroden und ein Batteriegehäuse mit elektronischer Steuerung. Über die Elektroden, die im Herz verankert sind, wird Strom zur Stimulation bzw. Stromstösse zur Beendigung von gefährlichen Herzrhythmusstörungen oder Herzflimmern abgegeben. Je nach Typ der Elektrode kann es im Verlauf der Jahre zu Drahtbrüchen, zu Isolationsdefekten oder zu vollständigem Funktionsverlust der Elektrode kommen. Im Durchschnitt fallen nach fünf Jahren etwa 15% der Elektroden wegen eines mehr oder weniger ausgeprägten Funktionsverlusts aus. Dies wird in der Schrittmachersprechstunde mittels Geräteabfrage festgestellt. In seltenen Fällen kann eine defekte Elektrode auch zu Schwindel, Atemnot, Bewusstseinsverlust und anderem führen. Defekte Elektroden müssen ersetzt werden, dass heisst, eine neue Elektrode wird im Herz implantiert.

Offene Operation oder Elektrode belassen

Bisher liess man in den meisten Fällen die alte Elektrode im Herz liegen, da eine Entfernung Jahre nach der Implantation meist problematisch war: Viele der Elektroden wachsen über die Jahre in die Venenwand oder ins Herz ein, sodass eine offene Herzoperation für deren Entfernung nötig gewesen wäre. Nur bei einer Infektion müssen Elektroden als Fremdmaterial zwingend entfernt werden. Insbesondere in letzter Zeit ist die jährliche Infektionsrate von Schrittmacherelektroden von 1.5% auf gegen 2.5% gestiegen, weil die Patienten mit Herzschrittmachern oder Defibrillatoren älter werden und mehr Begleiterkrankungen aufweisen. Die Zahl der Patienten mit Elektrodeninfektion nimmt deshalb mit Verbesserung der Lebenserwartung weiter zu. Folglich ist anzunehmen, dass in der Schweiz in den nächsten Jahren bei einer jährlichen Implantationszahl von 5000 neuen Schrittmachern/ICD und Tausenden älterer Geräte viele Schrittmacher- und ICD-Elektroden entfernt werden müssen. Eine offene Herzoperation ist aber für diese älteren Patienten mit Begleiterkrankungen risikoreicher als eine perkutane Entfernung.

Schonendes Laserverfahren

Eine Elektrode kann nur perkutan entfernt werden, wenn sie sich durch sanften Zug aus dem Herzgewebe herauslösen lässt, ohne dass Verletzungen entstehen. Wegen Verwachsungen kann dies in vielen Fällen schwierig bis unmöglich sein. Seit letztem Jahr ist an der Klinik Im Park deshalb ein neues Laser-Elektrodenextraktionssystem im Einsatz. Mittels einer Laserdiode wird die Elektrode schonend aus dem Gewebe herausgeschnitten, so kann sie in über 98% der Fälle perkutan ohne Eröffnung des Brustkorbes entfernt werden.

Dabei wird durch die alte Hautnarbe das Schrittmacher- / ICD-System freigelegt und die defekte Elektrode im Unterhautfettgewebe vollständig befreit. Anschliessend wird die Lasersonde auf die Elektrode aufgesetzt und entlang dieser vorgeschoben, wobei sie diese bei Aktivierung des Lasers zirkulär freischneidet. Nach vollständigem Befreien kann die Elektrode mühelos herausgezogen und entfernt werden. Im Anschluss kann direkt eine neue Elektrode implantiert werden. Ist eine Vene vollständig verschlossen, kann durch das Freischneiden der Elektrode gleichzeitig wieder ein Kanal eröffnet werden und anschliessend die neue Elektrode eingesetzt werden. Die Operation wird in einem Team von Herzspezialisten (Kardiologe und Herzchirurg) im Operationssaal unter Anästhesieüberwachung durchgeführt.

Wenig Komplikationen

Eine grosse Multizenterstudie ergab für diesen Eingriff eine sehr tiefe Komplikationsrate von 1.4%, die Sterberate betrug 0.3%, wenn Elektroden bei kranken Patienten mit Schrittmacherinfektion entfernt wurden1. Heutzutage ist die Anwendung eines Lasers an vielen Zentren in den USA die Methode der Wahl, um infizierte oder funktionslose Elektroden aus dem Herz zu entfernen. Das Vorgehen ist der offenen Herzoperation bezüglich Aufwand und Risiko deutlich überlegen und gerade bei älteren Patienten, die Begleiterkrankungen aufweisen, klar vorzuziehen. Ebenso können mit dem Laser verschlossene Venen für eine Elektrodenneuimplantation wieder eröffnet werden. Dies kann für Patienten, die bereits mehrere Elektroden im Herz liegen haben, von Bedeutung sein.

Oussama Wazni et al. Lead Extraction in the Contemporary Setting: The LExICon Study: An Observational Retrospective Study of Consecutive Laser Lead Extractions. J. Am. Coll. Cardiol. 2010;55;579 –586, doi:10.1016/j.jacc.2009.08.070

Jährliche Zunahme der Schrittmacher- und ICD-Implantationen in der Schweiz in den letzten 20 Jahren

schrittmascher-icd-statistik