Patientenzeitschrift "Mittelpunkt"

Die Behandlung der schweren Mitralinsuffizienz war bisher eine herzchirurgische Domäne. Ein gewisser Anteil von Patienten mit operationsbedürftiger Mitralinsuffizienz kommt aber aufgrund relevanter Begleiterkrankungen oder fortgeschrittenen Alters und eines damit einhergehenden hohen operativen Risikos nicht für eine konventionelle herzchirurgische Operation in Betracht. Für diese Patienten stellt die kathetertechnische Rekonstruktion der Mitralklappe mittels Clip eine gute Ergänzung zur Chirurgie dar.

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Abb. 1
a) Mitralklappe
b) Linker Vorhof
c) Linke Hauptkammer
d) Katheter mit Clip
e) Schematisch dargestellter, vereinfachter kleiner Lungenkreislauf

Die Mitralinsuffizienz ist eine der häufigsten Herzklappenerkrankungen, insbesondere in höherem Lebensalter. Der Verlauf der Erkrankung ist oft schleichend, und Symptome treten meist erst im fortgeschrittenen Stadium auf.

Normalerweise kontrolliert die Mitralklappe den Blutfluss, der – mit Sauerstoff beladen – aus den Lungen kommt und vom linken Vorhof in die linke Hauptkammer fliesst (Abb. 1). Wenn sich die Mitralklappe öffnet, füllt sich die linke Hauptkammer mit sauerstoffreichem Blut. Während die linke Hauptkammer das Blut in alle Organe des Körpers pumpt, schliesst sich die Mitralklappe. Wenn der Mitralklappenschluss ungenügend ist, fliesst das Blut in umgekehrter Richtung zurück in die Lunge. Dieser Blutrückfluss wird als Mitralklappen-Undichtigkeit (Mitralinsuffizienz) bezeichnet (Abb. 3a). In dieser Situation muss das Herz viel mehr arbeiten, um den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen.

Wie kommt es zur Undichtigkeit der Mitralklappe, und was sind die Folgen?

Eine Undichtigkeit der Mitralklappe kann sich auf verschiedene Weise entwickeln, entweder durch angeborene Fehlbildungen, Klappenentzündungen oder altersbedingte Veränderungen der Klappe; sie kann aber auch als Folge einer Herzmuskelerkrankung, z. B. nach einem Herzinfarkt, oder bei anders bedingter Herzmuskelschwäche entstehen.

Viele Menschen haben eine gering ausgeprägte Mitralklappeninsuffizienz, die keine Beschwerden verursacht und meistens auch nicht behandelt werden muss. Ist die Undichtigkeit allerdings ausgeprägter, führt dies zu einem Blutrückstau in den Lungengefässen. Durch die Mehrarbeit entwickelt sich oft eine deutliche Vergrösserung der linken Hauptkammer, da diese über lange Zeit mehr arbeiten muss als bei einer dichten Klappe, was letztendlich in einer ausgeprägten Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) münden kann.

Typische Beschwerden bei Undichtigkeit der Mitralklappe können sein:

  • Atemnot bei alltäglichen Tätigkeiten oder nachts im Liegen
  • Reizhusten, der sich beim Flach-Liegen oft verschlechtert
  • Zunahme des Körpergewichts (durch Einlagerung von «Wasser», zum Beispiel in Lungen und Beinen)
  • Leistungseinbusse

Eine Herz-Ultraschalluntersuchung zeigt den Rückfluss

Nicht alle Menschen mit Undichtigkeit der Mitralklappe wissen, dass sie an dieser Herzveränderung leiden. Bei typischen Beschwerden wird der Hausarzt den Patienten an den Spezialisten überweisen, der mittels Herzultraschall (Echokardiographie) die Ursache und den Schweregrad einer Mitralklappenveränderung feststellen kann. Manchmal ist dabei zusätzlich eine Ultraschalluntersuchung von der Speiseröhre her notwendig, d. h. ein sogenannter Schluckultraschall (transoesophageale Echokardiographie).

Individuell abgestimmte Behandlung

Liegt eine medizinisch relevante Mitralinsuffizienz vor, wird mit dem Patienten die für ihn optimale Behandlungsmöglichkeit besprochen. Prinzipiell werden bei der Behandlung sowohl Medikamente als auch herzchirurgische Verfahren eingesetzt. Diese reichen von einer Rekonstruktion der Klappe bis hin zu einem kompletten Mitralklappenersatz. Doch wenn die Operation wegen zusätzlicher schwerwiegender Begleiterkrankungen oder fortgeschrittenen Alters zu belastend oder zu gefährlich ist, kann die Mitralklappeninsuffizienz in speziell dafür geeigneten Fällen auch kathetertechnisch erfolgreich behandelt werden.

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Abb. 2
Katheter mit Clip

Kathetertechnische Behandlung mittels Clip

Das Clip-System bietet den Vorteil, dass es mit einem Herzkatheter von der Leiste aus ohne chirurgische Eröffnung des Brustraumes und damit ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine mit künstlicher Kreislaufzirkulation eingesetzt werden kann (Abb. 2). Die Behandlung erfolgt unter Vollnarkose im Herzkatheterlabor.

Der Clip wird über einen steuerbaren Spezialkatheter von der Leiste her via Vene bis in die linke Vorkammer vorgeschoben. Der Clip befindet sich dabei an der Spitze des Katheters und wird unter Ultraschallkontrolle und gleichzeitiger Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen zwischen den Segeln der Mitralklappe platziert, ohne dabei das Herz bei seiner Arbeit zu stören. Sobald der Sitz des Clips optimal ist, kann der Spezialkatheter aus dem Herz zurückgezogen werden, und der Eingriff ist beendet (Abb. 3b–d). Je nach Klappenanatomie müssen auch mehrere Clips gleichzeitig implantiert werden.

Implantation des Clips bei Mitralinsuffizienz

Aufsicht

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Längsschnitt

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Abb. 3a) Mitralinsuffizienz; ungenügend schliessende Klappensegel verursachen einen Blutrückfluss beim Pumpvorgang (Pfeil). b) Der Clip wird zwischen den Segeln eingeführt und vorpositioniert. c) Bei definitiver Position werden die Segelspitzen fixiert. d) Nach dem Eingriff ist die Herzklappe wieder dicht.

Der Spitalaufenthalt für den Eingriff dauert ca. drei bis sieben Tage. Die Dauer ist dabei weniger vom Eingriff als von der Vorschädigung des Herzes abhängig.

Die Weiterführung der medikamentösen Therapie ist auch nach der Clip-Implantation notwendig. Ebenso sind regelmässige Ultraschallkontrollen lebenslang notwendig, um die korrekte Funktion der Mitralklappe und des Herzes im Verlauf zu erfassen, damit die Medikamente entsprechend angepasst werden können.

Mögliche Eingriffskomplikationen treten glücklicherweise selten auf (5%), obwohl die Patienten oft schwer krank sind.1

Fazit

Die kathetertechnische Rekonstruktion der Mitralklappe mittels Clip-System ist somit eine gute Alternative für Patienten mit schwerer Mitralinsuffizienz, die aufgrund eines erhöhten operativen Risikos nicht für eine chirurgische Therapie in Frage kommen. Entscheidend für den Behandlungserfolg ist dabei der interdisziplinäre Therapieansatz. Patientenauswahl, Durchführung der Intervention und Weiterbetreuung nach dem Eingriff sollten durch ein Team aus Kardiologen, Herzchirurgen und Anästhesisten erfolgen.

 

1Percutaneous repair or surgery for mitral regurgitation: EVEREST II study. NEJM 2011; 364: 1395–1406. Impact of the learning curve on outcomes after percutaneous mitral valve repair with MitraClip™ and lessons learned after the first 75 consecutive patients. Eur J of Heart Fail 2011; 13: 1331–1339. Acute and 12-month results with catheter-based mitral valve leaflet repair: EVEREST II high risk study. J Am Coll Cardiol 2012; 59: 130–139.