Hirslanden Fachartikel

Muskelschmerzen oder andere Sportverletzungen sind bei vielen aktiven Sportlerinnen und Sportlern häufig auftretende Beschwerden. Eine der gängigen Therapien ist der Einsatz von Tapes. Wir haben die Sportphysiotherapeutin Seraina Fenk der Hirslanden Klinik Linde in Biel gefragt, was Taping genau ist, wofür es eingesetzt wird, welche Vorteile es bietet, wie es richtig angewendet wird und ob allenfalls Nebenwirkungen auftreten können.

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Frau Fenk, was ist Taping und wie funktioniert es?

Ein Tape ist ein Klebeband aus Baumwollstoff, das im Leistungssport und in der Alternativmedizin verwendet wird. Wir unterscheiden zwischen elastischen Kinesio-Tapes und klassischen, nicht elastischen Tapes. Beim Tapen wird das Band auf die Haut geklebt. Der Kleber ist wirkstofffrei, die Massnahme nicht-invasiv. Je nach Ziel des Tapes werden spezifische Techniken angewendet. Nicht elastische Tapes stabilisieren und werden gerade bei Sportverletzungen oft verwendet. Man kann damit bestimmte Bewegungen einschränken, um beispielsweise nach einer Bandverletzung die verletzte Struktur vor einer erneuten Belastung oder Überlastung zu schützen. Man geht zudem davon aus, dass das Tape eine Reizung der Hautsensoren bewirkt. Je nach Art des Tapes wird ein Zug oder eine Entlastung auf die Haut ausgeübt. Dadurch werden die Hautsensoren aktiviert und leiten einen entsprechenden Input ans Nervensystem weiter. Die Reize des Tapes können eine gesteigerte Aktivierung der Rezeptoren, eine verbesserte muskuläre Ansteuerung und somit eine verbesserte aktive Stabilisation und Koordination bewirken. Ein Tape vermittelt der Trägerin oder dem Träger zudem oft ein positives, stabiles und sicheres Gefühl.

Wann wird Taping eingesetzt?

Tapes werden oft bei Muskelverspannungen, Überlastungssymptomatiken, Ödemen, Hämatomen, Muskel- oder Bandverletzungen und zur Schmerzreduktion angewendet. Im Sport können klassische Tapes in der Erstversorgung nach einem Trauma eingesetzt werden. In der Rehabilitation nach einer Verletzung können sie durch die zusätzliche Stabilität, die das Tape bewirkt, eine frühe Trainingswiederaufnahme fördern. Auch in der Prävention von Verletzungen, insbesondere nach Wiederverletzungen, sowie bei bestehender Überbeweglichkeit oder in Sportarten mit Extrembelastungen werden Tapes eingesetzt. Häufig verwendete präventive Tapes sind Sprunggelenk-Tapes, z.B. im Basketball oder Tennis, oder Daumen-Tapes in Wurfsportarten.

Welche Vorteile bietet Taping im Vergleich zu anderen Behandlungsmethoden?

Die Funktion von Tapes besteht grundsätzlich in einer Unterstützung und Ergänzung von angewendeten Behandlungsmassnahmen. Dabei bestimmt die Diagnose bzw. die Verletzung, ob es Sinn macht oder nicht, ein Tape anzuwenden. Um ein Tape spezifisch und zielgerichtet auszuwählen und einzusetzen, sollte jeweils durch eine Fachperson beurteilt werden, welche Problematik besteht und welche Massnahmen dafür empfehlenswert sind.

Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen bei der Anwendung von Taping?

Bei einer Verletzung muss auf jeden Fall erst die Diagnose bei einem Arzt geklärt werden. Das Tape soll durch die Physiotherapeutin oder den Physiotherapeuten angelegt werden bzw. kann gegebenenfalls nach Instruktion der Physiotherapeutin selbstständig gemacht werden. Ein Tape muss sofort entfernt werden bei Schwellungen, Verfärbungen oder Sensibilitätsstörungen sowie bei Schmerzzunahme durch das Tape, bei Hautirritationen oder allergischen Reaktionen. Auf Wunden, bei akuten oder chronischen Hauterkrankungen oder Hautreizungen darf kein Tape angebracht werden. Auch bei Durchblutungsstörungen, Frakturen, Ödemen und Hämatomen soll grundsätzlich nicht oder nur nach Anweisung einer Fachperson getapt werden. Ein Tape soll sich für die Trägerin oder den Träger zudem immer positiv und unterstützend anfühlen.

Wie wird Taping richtig angewendet?

Vor dem Tapen ist es wichtig, die Haut zu reinigen, um beispielsweise Reste von Bodylotion zu entfernen. Sonst wird der Klebeeffekt des Tapes deutlich reduziert. Um einen guten Hafteffekt zu gewährleisten, kann es je nach Haarwachstum nötig sein, die Haare im Tape-Bereich zu rasieren. Dies vereinfacht im Anschluss auch die Entfernung des Bandes. Die Ecken des Kinesio-Tapes sollten mit einer guten Schere abgerundet werden, damit es gut und lange kleben bleibt. Je nach Technik und Indikation wird das Gelenk, der Muskel oder das Band vor dem Tapen in die entsprechend korrekte Stellung gebracht. Der Anfang und das Ende des Tapes sollten immer ohne Zug angelegt werden. Durch das Anreiben des Bandes mit der Hand wird die Wirkung des Klebstoffes gefördert. Und zu guter Letzt: Mit dem Tape darf und soll bewegt werden. Auch zu schwitzen, generell Sport zu treiben oder zu duschen, ist kein Problem. Bei guter Verträglichkeit und Haftung auf der Haut kann das Tape bis maximal sieben Tage auf der Haut bleiben.

Unser Tipp: Nackentape bei Muskelverspannungen

Nackenverspannungen sind weitverbreitet und werden unter anderem häufig aufgrund von einer falschen Haltung ausgelöst. Ein Kinesiotape kann gerade bei langen Arbeitstagen im Büro oder im Home Office – nebst regelmässigen Bewegungspausen, Haltungsanpassungen und Lockerungsübungen – helfen, den Verspannungen entgegenzuwirken.

  1. Ausgangsstellung für das äussere Tape auf der rechten Seite: Bewegen Sie das Kinn zur Brust, neigen Sie den Kopf zur linken Seite und drehen Sie ihn dann aus dieser Position nach rechts. Lassen Sie Schultern und Arme dabei locker.
  2. Kleben Sie den Anfang des Tapes aussen an der Schulter fest und streichen Sie das Kinesiotape ohne Zug zum Nacken hoch.
  3. Wiederholen Sie dasselbe für die linke Seite, wobei die Ausgangsstellung seitenverkehrt zur vorherigen Position ist.
  4. Ausgangsstellung für das mittlere Tape: Neigen Sie das Kinn zur Brust und runden Sie den oberen Rücken.
  5. Kleben Sie den Anfang des Tapes auf der Wirbelsäule fest und streichen Sie den Tapestreifen rechts bzw. links von der Wirbelsäule ohne Zug in Richtung Nacken hoch.

Hier die Bilderstrecke zu den einzelnen Schritten: 

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