Patientenzeitschrift "Focus"

Das Ziel der frühzeitigen Diagnose eines Prostatakrebses besteht darin, diesen im Anfangsstadium festzustellen, wenn die Heilungschancen am grössten sind.

Hugo Jurt ist 56 Jahre alt und war bisher immer gesund. Seit er 50 Jahre alt ist, führt sein Hausarzt regelmässig «Check-up» Untersuchungen durch. Dieses Jahr erfährt er im Rahmen der Besprechung der Ergebnisse, dass bei ihm im Blut der PSA-Wert angestiegen ist.

Erster Untersuch beim Urologen

Der Hausarzt veranlasst die Überweisung an einen Uro­logen – ein Spezialist, der sich mit den Harn- und Geschlechtsorganen befasst. Bei der Konsultation wird zunächst eine genaue Anamnese (medizinische Vorgeschichte) erhoben. Dabei erzählt Hugo Jurt, dass bei seinem Bruder im Alter von Mitte fünfzig Prostatakrebs diagnostiziert wurde und er daraufhin operiert werden musste. Anschliessend an das Gespräch untersucht der Urologe die Prostata, indem er sie vom Enddarm her abtastet. Der Urologe stellt keine Verhärtung fest, die auf einen Krebs hindeuten könnte. Zusätzlich erfolgt eine Ultraschall-Untersuchung zur Kontrolle der Nieren und Blase.

Abb. 1:
Prostata-Biopsie

Gewebeentnahme ratsam

Nun wird das weitere Vorgehen besprochen: Da beim Bruder von Hugo Jurt – also ein Verwandter 1. Grades – bereits relativ jung ein Prostatakarzinom diagnostiziert wurde, besteht für ihn ein mehr als doppelt so hohes Risiko im Vergleich zur Normalbevölkerung, ebenfalls an einem Prostatakrebs zu erkranken. Deshalb ist eine weitere Abklärung sinnvoll und notwendig. Dies geschieht mit einer Prostatabiopsie, einer Entnahme von Gewebe, das anschliessend mikroskopisch auf bösartige Veränderungen untersucht wird. Dabei wird eine Sonde in den Enddarm eingeführt. Unter Ultraschallkontrolle werden mehrere Gewebeproben mit einer Nadel aus der Prostata entnommen (siehe Abb. 1). Dies geschieht in Lokalanästhesie und nach Einnahme einer Prophylaxe mit Antibiotika, um das Risiko einer Infektion zu vermeiden. Die Biopsie wird in der Praxis des Urologen durchgeführt und dauert rund 20 Minuten.

Hugo Jurt ist nach genauer Information über die Biopsie und ihre möglichen Folgen (vorübergehendes Auftreten von Blut im Stuhl, im Urin und im Samenerguss) und Komplikationen (Auftreten von Fieber und Schüttelfrost bei <2% der Patienten) mit dem Vorgehen einverstanden. Die Gewebeentnahme verläuft ohne Probleme und nach einer Woche findet die Besprechung der Befunde der mikroskopischen Analyse statt. Glücklicherweise wurde bei Hugo Jurt kein bösartig verändertes Prostatagewebe entdeckt.

Regelmässige Vorsorgeuntersuchung ist sinnvoll

Da bei Herrn Jurt sonst keine Beschwerden (z. B. beim Wasserlösen) vorhanden sind, müssen aktuell keine weiteren Massnahmen erfolgen. Trotzdem sind regelmässige jährliche Vorsorgeuntersuchungen mit Abtasten der Prostata und Bestimmung des PSA-Wertes im Blut ratsam.

Das Ziel der frühzeitigen Diagnose eines Prostatakrebses besteht darin, diesen im Anfangsstadium festzustellen, wenn die Heilungschancen am grössten sind. Ein auf die Prostata beschränkter Krebs ist in einem hohen Prozentsatz heilbar. Meist verursacht er dann noch keine Beschwerden, so dass er nur mit einer Vorsorgeuntersuchung entdeckt wird.

Häufigster Krebs bei Männern

Das Prostatakarzinom ist der häufigste Krebs ab dem 65. Altersjahr und die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern. Trotzdem ist nach Diagnosestellung nicht in jedem Falle eine Behandlung notwendig, denn dies hängt von der Tumorart, dem Alter und dem Gesundheitszustand des Patienten ab. Ab einem Alter von über ca. 75 bis 80 Jahren ist eine Prostatakrebs-Vorsorgeuntersuchung nicht mehr sinnvoll, weil wegen des langsamen Wachstums des Krebses meist keine Behandlung notwendig ist. Hingegen kann sie Männern ab 50 Jahren und bei Männern mit erstgra­digen Verwandten (Bruder, Vater) mit Prostatakrebs ab 45 Jahren empfohlen werden. Die Vorsorgeuntersuchung sollte alle ein bis drei Jahre durchgeführt werden.

PSA = Prostata-spezifisches Antigen

Das PSA ist kein eigentlicher Krebstest. Es ist ein Eiweiss, das ausschliesslich in der Prostata-Drüse produziert wird. Es wird im Blut bestimmt und kann Hinweise auf eine Erkrankung der Prostata geben. Eine Erhöhung des PSA-Werts kann – muss aber keineswegs – Hinweis auf einen Prostatakrebs sein. Das PSA kann auch bei Entzündungen der Prostata (Prostatitis) oder gutartiger Vergrösserung der Prostata ansteigen. Generell wird der obere Grenzwert, je nach Labor, bei 4μg/L festgelegt. Werte darüber sind abklärungsbedürftig, aber nicht mit Krebs gleichzusetzen.