Die kleinen Wunder im Alltag sehen - trotzdem
Der Sommer bringt nicht nur Licht und Wärme und wilde Lebendigkeit, sondern auch eine tiefe Verbindung zu allem Leben. Auch in den Momenten des Wartens, zwischen Operation und Diagnose, zwischen Hoffnung und Enttäuschung, gibt es immer wieder diese kleinen Wunder, die uns daran erinnern, dass wir nicht allein sind – dass wir gehalten und begleitet werden, selbst in der Ungewissheit.
Vielleicht spürst du es in den Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fallen und dich an das Wunder der Schöpfung erinnert – dass in allem, was wächst und gedeiht, eine stille, unermessliche Weisheit liegt. Auch wenn wir uns in der Stille der Zimmer und zwischen den Untersuchungen verloren fühlen, ist da eine Kraft, die immer da ist, die uns durch das Unbekannte trägt. Diese Kraft, diese spirituelle Präsenz, kann in den kleinsten Momenten spürbar werden:
- in der Morgenbrise, die durchs offene Fenster zart über mein Gesicht streicht
- in einem sanften Lächeln
- im frischen Tee
- im offenen Ohr meines Gegenübers
- in jener Person, die meine Hand hält
- im tiefen Atemzug, der mir Erleichterung bringt.
Der Sommer lädt uns ein, mit offenem Herzen und offenem Geist auf das Leben zu blicken, auch in seinen stillen, unsicheren Phasen. Vielleicht gibt es in diesen Tagen des Wartens und Zweifelns mehr, als wir sehen – eine Einladung, uns mit etwas Größerem zu verbinden, das jenseits des Greifbaren liegt. Ich nenne es zuweilen Gott.
Die kleinen Wunder des Alltags, die oft unbemerkt bleiben, sind vielleicht auch Zeichen, dass wir genau in diesem Moment trotz allem gehalten sind von einer Weisheit, die uns in den schwierigsten Zeiten Kraft schenkt.
Möge dieser Tag dir Momente des Friedens bringen, in denen du die stille Gegenwart spürst, die dich durchströmt.
Ihre Klinikseelsorgerin Mirjam Walser