Eine Studie unter der Leitung der Universität Luzern und Prof. Dr. med. Rami Sommerstein zeigt, dass bestimmte Antibiotika mit einem fast zweifach erhöhten Risiko für Wundinfektionen nach Operationen verbunden sind. Diese werden häufig bei einer vermuteten Allergie eingesetzt.

Sogenannte Cephalosporin-Antibiotika auf Beta-Lactam-Basis, zu denen auch die Penicilline gehören, bilden bei den meisten chirurgischen Eingriffen den Standard zur Verhinderung von Wundinfektionen. Diese werden vor dem Eingriff verabreicht, um Bakterien zu bekämpfen, die während der Operation das operierte Gebiet kontaminieren. Die Auswahl des Antibiotikums richtet sich nach der Art der Operation, der lokalen Erreger- und Resistenzlage und den Risikofaktoren der Patientin oder des Patienten. Wird eine Allergie gegen diese Antibiotika vermutet, so kommen häufig Antibiotika auf Nicht-Beta-Lactam-Basis zum Einsatz.

Institutionenübergreifendes Team
Die Frage, ob der Einsatz von Nicht-Beta-Lactam-haltigen Antibiotika mit einem erhöhten Risiko für postoperative Wundinfektionen verbunden ist, behandelt eine Ende Oktober 2025 in der medizinischen Fachzeitschrift «JAMA Network Open» publizierte Studie. Das Forschungsteam bestand aus Mitarbeitenden der Universitäten Bern und Basel, den Universitätsspitälern Genf, Basel und Bern sowie dem Spital Wallis in Sion. Geleitet wurde die Studie von Prof. Dr. med. Rami Sommerstein, Lehr- und Forschungsbeauftragter an der Universität Luzern und Facharzt Infektiologie und Spitalhygiene an der Hirslanden Klinik St. Anna.

Fast doppelt so hohes Risiko
Die Kohortenstudie wurde mit 348’885 Patientinnen und Patienten aus 175 Schweizer Spitälern, die sich einem von zehn grösseren chirurgischen Eingriffen unterzogen hatten, durchgeführt. 5949 dieser Patientinnen und Patienten, also rund zwei Prozent, erhielten kein Beta-Laktam-Antibiotikum. Es zeigte sich, dass die Verwendung einer solchen Nicht-Beta-Lactam-Antibiotikaprophylaxe mit einem fast doppelt so hohen Risiko einer chirurgischen Wundinfektion verbunden ist. Dieses erhöhte Risiko konnte über sämtliche chirurgische Gebiete hinweg festgestellt werden, unabhängig von der Eingriffsart. Zudem war das Risiko für alle einzelnen Nicht-Beta-Laktam-Antibiotika (wie Ciprofloxacin, Clindamycin, Vancomycin) erhöht. 

Die umfassende Untersuchung war möglich, da Swissnoso (Nationales Zentrum für Infektionsprävention) im Auftrag des ANQ (Kompetenzzentrum für Qualitätsmessungen) seit Jahren eine standardisierte Überwachung von chirurgischen Wundinfektionen an Schweizerischen Spitälern vornimmt und zu diesem Zweck die Patientinnen und Patienten auch nach dem Spitalaufenthalt dazu befragt.

Einsatz wäre oft vermeidbar
Die Ergebnisse der Studie sind von grosser klinischer Relevanz, da in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle keine echte Allergie gegen Cephalosporin Beta-Laktam Antibiotika vorliegt. Kreuzallergien mit den Penicillin Beta-Laktamen sind selten, und Beta-Laktam-Allergien können sich im Zeitverlauf auch wieder spontan zurückbilden. Vor der prophylaktischen Verabreichung solcher Antibiotika sollte somit eine sorgfältige Beurteilung von Patientinnen und Patienten mit gemeldeter Beta-Lactam-Allergie erfolgen und sämtliche Nicht-Beta-Laktam-Antibiotika wenn immer möglich vermieden werden.

Forschungsteam

Selina Largiadèr, Delphine Berthod, Andreas Widmer, Nicolas Troillet, Holly Jackson, Christelle Perdrieu, Stephan Harbarth, Rami Sommerstein


Weiterführende Informationen
Neue Erkenntnisse zur Antibiotikaprophylaxe bei Operationen - Universität Luzern
β-Lactam vs Non–β-Lactam Antimicrobial Prophylaxis and Surgical Site Infection | Surgery | JAMA Network Open | JAMA Network

Facharzt für: Allgemeine Innere Medizin , Infektiologie
speziell: Infektionsprävention und Infektionskontrolle im Gesundheitswesen

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