Patientenzeitschrift "Am Puls der Medizin"

Prostatakrebs ist in der Schweiz die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Er ist ein ausgeprägter «Alterskrebs»: Sechs von zehn der jährlich rund 5800 Betroffenen sind bei der Diagnose über 70. Die Früherkennung spielt eine wichtige Rolle für die nachfolgende Behandlung und die Heilungsaussichten. In den letzten Jahren und Monaten wurden in der Therapie von Prostatakrebs entscheidende Fortschritte erzielt.

Häufig wird Prostatakrebs zufällig bei einer Früherkennungsuntersuchung entdeckt, wie das Abtasten der Prostata oder die Bestimmung des PSA-Wertes im Blut. Ziel dieser Untersuchungen ist es, eine Krebserkrankung in einem so frühen Stadium zu lokalisieren, dass sie noch auf die Prostata beschränkt ist und mit guten Heilungsaussichten behandelt werden kann.

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Abb. 1
Minimalinvasive Operation an der Prostata
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Abb. 2
Durchleuchtungsbild bei der Brachytherapie: Seeds in der Prostata
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Abb. 3
Seeds im Grössenvergleich

Früherkennung mittels PSA und Gewebeprobe

Mit dem PSA, dem «Prostata spezifischen Antigen», steht ein Tumormarker zur Verfügung, der Veränderungen in der Prostata anzeigt – aber leider auch nicht mehr. Zu PSA-Veränderungen können Entzündungen in der Prostata, das Grössenwachstum der Prostata oder ein Krebs der Prostata führen. Von grosser Bedeutung sind die Veränderung des PSA-Wertes über die Zeit und allfällige Beschwerden bei der Blasenentleerung. Liegt eine PSA-Erhöhung vor, die nicht eindeutig zugeordnet werden kann, sind die nächsten Schritte die klinische Untersuchung der Prostata mittels Finger und Ultraschall sowie allenfalls die Entnahme einer Gewebeprobe. Unter Ultraschall-Kontrolle werden schmerzfrei in der Regel zwölf Biopsien aus der Prostata entnommen und vom Pathologen unter dem Mikroskop beurteilt. Hier ist der sogenannte Gleason-Score, die Aggressivität des Prostatakrebses, entscheidend. Den Prostatakrebs als solchen gibt es nicht, es bestehen viele unterschiedliche Formen von Prostatakrebs, die in der Wahl der Behandlungsstrategie beachtet werden müssen.

Individuelle Therapieempfehlung

Liegen alle Details vor, kann eine Therapiestrategie erarbeitet werden. Grundsätzlich unterscheidet man, ob der Tumor auf die Prostata begrenzt ist oder ob er bereits Ableger gebildet hat. Liegt ein Frühstadium vor, besteht die Möglichkeit, den Tumor zu überwachen, ihn chirurgisch zu entfernen oder zu bestrahlen. Bei den operativen Eingriffen wurden in den vergangenen Jahren grosse Fortschritte hin zu den minimalinvasiven Techniken erzielt (Laparoskopie, Robotik und neu die 3D-Laparoskopie).

Man unterscheidet zwei Arten von Strahlentherapie: Die Bestrahlung von aussen mit Linearbeschleunigern und die Bestrahlung von innen, die Brachytherapie. Zusammen mit der operativen Entfernung der Prostata bilden sie die drei Standardverfahren zur Behandlung von Prostatakrebs mit dem Ziel der Heilung.

Die Bestrahlung von aussen hat in den letzten Jahren riesige Fortschritte erzielt. Heute kann die Bestrahlungsdosis sehr genau auf die Prostata gerichtet und somit umliegendes Gewebe geschont werden. Bei der zweiten Form der Strahlentherapie, der Brachytherapie, werden millimetergrosse radioaktive Metallkapseln, sogenannte Seeds in der Prostata positioniert. Diese Therapie wird bei einem noch kleinen und wenig aggressiven Tumor empfohlen. Sie bietet verschiedene Vorteile, insbesondere kann, vergleichend zur Prostataentfernung, die Potenz besser erhalten und die Behandlungsdauer verkürzt werden.

Alle drei Behandlungsformen haben ihre Vor- und Nachteile. Bezüglich Heilungsaussicht ist keine besser als die andere. Jeder Patient sollte deshalb zusammen mit seinem Arzt die für ihn individuell beste Therapieform wählen können. Dazu gehören neben der Operation die beiden Formen der Strahlentherapie und auch der Hinweis, dass nicht jeder Prostatakrebs sofort behandelt werden muss.

Falls der Tumor bei der Erstdiagnose bereits Ableger gebildet hat, oder es nach einer primären Therapie zu einem Therapieversagen kommt, ist der nächste Schritt die Hormontherapie. Damit kann man die Krankheit längere Zeit aufhalten, aber nicht mehr heilen. Wenn auch diese Behandlung nicht mehr hilft, spricht man von «Hormonresistenz».

Medikamentöse Therapien bei «Hormonresistenz»

Seit 2004 steht das Chemotherapie-Medikament Taxotere® zur Verfügung, welches erstmals das Überleben verlängern konnte, wenn die Hormontherapie nicht mehr wirksam war. Taxotere® führte aber auch zu einer klaren Schmerzreduktion und einer besseren Lebensqualität. Wenn der Prostatakrebs resistent gegen Taxotere® wurde, gab es lange Zeit keine wirksame Standardbehandlung mehr. In dieser späten Phase der Erkrankung musste man sich oft darauf konzentrieren, die Symptome der Erkrankung zu lindern, ohne die Krankheit aufhalten zu können.

In den letzten Monaten sind nun gleich zwei neue Medikamente zugelassen worden, die eine weitere Verbesserung der Überlebenszeit und der Symptome zeigen konnten: Jevtana® (Cabazitaxel) und Zytiga® (Abirateronacetat). Jevtana® ist eine neue Chemotherapiesubstanz, mit welcher nach zwei Jahren doppelt so viele Patienten am Leben sind, wie mit der Vergleichstherapie. Zytiga® ist eine neuartige antihormonelle Substanz, die den Testosteronspiegel weiter senkt. Zytiga® konnte das Überleben ebenfalls verlängern und das PSA sank häufiger. Das Fortschreiten der Krankheit konnte länger unterdrückt werden und die Schmerzen nahmen deutlich ab.

Unterstützende Therapie bei Knochenmetastasen

Knochenmetastasen führen zu einem Abbau der Knochensubstanz, zu brüchigeren Knochen und verursachen häufig Schmerzen. Neben den Schmerzmedikamenten und einer schmerzlindernden Bestrahlung wurde bisher das Bisphosphonat Zometa® eingesetzt. Dieses stärkt den Knochen und reduziert Knochenbrüche. Zometa® kann Nierenprobleme auslösen und durfte bei Nierenfunktionsstörungen nur reduziert eingesetzt werden. Auch hier steht ein neuartiges Medikament zur Verfügung, welches zu einer noch besseren Knochenstabilisierung führt, ohne Nierenprobleme zu verursachen: XGEVA® (Denosumab). Im Gegensatz zur Infusion mit Zometa® kann XGEVA® zudem unter die Haut gespritzt werden.

Schlussfolgerung

Jeder Mann ist anders und jeder Prostatakrebs hat seine spezifischen Charakteristika. Das Ziel muss daher sein, für jeden einzelnen Patienten die für ihn geeignetste Therapieoption zu bestimmen. Dies gelingt am besten in der Zusammenarbeit von Patient, Hausarzt, Urologe, Onkologe und Radioonkologe.