Was ist eine HIPEC (hypertherme intraperitoneale Chemoperfusion)?
Was ist eine HIPEC?
Was ist eine HIPEC?
Als Peritonektomie bezeichnet man die teilweise oder vollständige Entfernung des Bauchfells (Peritoneum). Dadurch werden alle tumorbefallenen Organe, sowie das vom Tumor befallene Bauchfell entfernt. Die HIPEC wurde erstmals im Jahre 1980 beschrieben. Bei der HIPEC wird zusätzlich zur Entfernung aller Herde im Bauchraum eine Spüllösung mit Zytostatika versetzt und auf ca. 42°C erwärmt. Diese Lösung wird dann über Drainagen für 30-90 Minuten in den Bauchraum ein- und wieder ausgespült. Der Patient befindet sich dabei in Vollnarkose.
Für einige Substanzen, insbesondere für Mitomycin C und Oxaliplatin, Standardtherapeutika der HIPEC in der Behandlung der Peritonealkarzinose, ist die Steigerung der Wirkung durch Kombination mit Wärme nachgewiesen.
Der Einsatz der HIPEC ist aus folgenden Gründen eine sinnvolle klinische Alternative:
Verbliebene und verstreute Tumorzellen im ehemaligen Tumorbett oder freie Tumorzellen können zerstört werden. Die Chemotherapeutika können im gesamten Bauchraum verteilt werden, bevor es durch die Bildung von Verklebungen zu einem Einwachsen von freien Tumorzellen in noch nicht betroffenes Bauchfell kommt. Durch die intraoperative Anwendung kann eine dosisintensivierte und zeitgerecht unterstützende Chemotherapie mit hohen Konzentrationen eingesetzt werden, wie sie bei systemischer Gabe über die Vene nicht möglich ist.
Schema der postoperativen Spülung nach der HIPEC-Methode
- Entnahme des Primärtumors (z.B. am Dickdarm, inklusive aller Metastasen am Bauchfell).
- Rekonstruktion: Die gesunden Darmanteile werden nun neu verbunden (Anastomose) oder ein künstlicher Darmausgang angelegt (Stoma).
- Spülungskreislauf des hoch konzentrierten, erhitzten Chemotherapeutikums innerhalb des gesamten Bauchraums, mittels eines Pumpsystems.
- Der übrige Körper (ausserhalb des Peritoneums) wird gekühlt, damit er nicht durch das "künstliche Fieber" geschädigt wird.
- Der Bauchraum wird während der Spülung temporär geschlossen.
Für welchen Patienten kommt die HIPEC infrage?
Für welchen Patienten kommt die HIPEC infrage?
Die HIPEC kann prinzipiell bei jeder Form der Peritonealkarzinose eingesetzt werden. Entscheidend für den Erfolg ist dabei jedoch das Stadium der Erkrankung. Je früher die Peritonealkarzinose erkannt wird und je weniger Bauchfell betroffen ist, desto eher ist die HIPEC durchzuführen.
Allerdings reagieren verschiedene Tumorarten sehr unterschiedlich auf die Behandlung mit der HIPEC. Hohe Wirksamkeit ist bei Peritonealkarzinose des Eierstockkrebses, Darmkrebs vom Wurmfortsatz ausgehend und bei dem seltenen Pseudomyxoma Peritonei zu finden. Gute bis mässige Wirksamkeit findet sich bei Tumoren, welche vom Magen ausgehen und bei einigen anderen Tumoren.
Die HIPEC kann aber auch palliativ eingesetzt werden. Dann steht bei z.B. sehr weit fortgeschrittener Erkrankung eher die Verminderung von Komplikationen wie z.B. Bildung von Bauchwasser oder die Verhinderung eines Darmverschlusses im Vordergrund.
Grundsätzlich sollte eine Anwendung der HIPEC nur dann erfolgen, wenn der zu erwartende Vorteil nach der Behandlung grösser ist, als das Risiko der Nebenwirkungen. Dabei gibt es sogenannte absolute Kontraindikationen, bei denen die HIPEC in keinem Fall durchgeführt werden kann und sogenannte relative Kontraindikationen, bei denen von Fall zu Fall entschieden werden muss, ob die Operation durchgeführt werden kann und auch sinnvoll ist.
Eine absolute Kontraindikation ist z.B. das Vorhandensein von nicht entfernbaren Fernmetastasen, d.h. Tochtergeschwülste ausserhalb des Bauchraumes, wie z.B. Lungen-, Hirn-, oder Knochenmetastasen. Auch ein zu starker Befall des Bauchfells oder Einwachsen des Tumors in lebenswichtige Organe sind Kontraindikationen.
Relative Kontraindikationen sind z.B. grosse Mengen an Bauchwasser, ein Darmverschluss oder ein schlechter Allgemeinzustand.
Klinische Voraussetzungen
Klinische Voraussetzungen
Nicht jede Klinik kann das aufwendige Verfahren einer ausgedehnten chirurgischen Operation mit anschliessender HIPEC durchführen. Wichtig sind eine optimale fachliche und strukturelle Qualifikation der Klinik.
Die Peritonealkarzinose ist eine hochkomplexe Erkrankung, die in ihrer Diagnose, Therapie und Nachsorge einige strukturelle Voraussetzungen an die Klinik stellt. Da die Erkrankung von verschiedenen Fachdisziplinen (Chirurgen, Internisten, Gynäkologen, Nuklearmediziner, Radiologen) diagnostiziert und behandelt wird, sollte ein so genanntes interdisziplinäres Tumorboard existieren. Nach der Operation ist meist die Aufnahme auf einer Intensivstation, ggf. mit der Möglichkeit der Nachbeatmung, notwendig. Eine optimale Einstellung mit Schmerzmitteln nach der Operation durch eine spezialisierte Schmerzambulanz ist genauso wichtig wie das Vorhandensein eines psychoonkologischen Experten und eines Ernährungsteams.
Ablauf der HIPEC
Ablauf der HIPEC
Häufig kann die Entscheidung zur Durchführung der HIPEC erst bei Eröffnung des Bauchraumes getroffen werden, da z.B. Kontraindikationen erst bei einem gründlichen Blick in die Bauchhöhle erkannt werden können. Nicht selten gibt es auch "Grenzfälle" bei denen individuell entschieden werden muss z.B. bei Auftreten von Komplikationen während der Operation.
Der Eingriff an sich wird immer unter Vollnarkose durchgeführt. Können die Tumoren entfernt werden, so wird im Anschluss die 60-90-minütige Spültherapie durchgeführt.
Nachbehandlung
Nachbehandlung
Nach der Operation werden die meisten Patienten auf der Intensivstation weiterbetreut.
In Abhängigkeit vom weiteren Genesungsverlauf werden die Patienten nach einigen Tagen auf die normale Station verlegt. Die Nahrungszufuhr erfolgt in Abhängigkeit des Ausmasses der Operation und der Anzahl der Darmnähte nach zwei bis 5 Tagen. Die Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr erfolgt während dieser Zeit durch Infusionen. Um Schmerzen nach dem Eingriff zu vermeiden, erhält jeder Patient eine spezielle Schmerztherapie. Wenn ein künstlicher Darmausgang angelegt werden musste, findet eine intensive Einübung in die Versorgung und Pflege durch die Stomatherapie statt.
Die feingewebliche Untersuchung des entnommenen Gewebes (Organe, Bauchfell und Lymphknoten) erfolgt im Institut für Pathologie.
Anhand der Ergebnisse dieser Untersuchung wird für jeden Patienten individuell festgelegt, ob eine zusätzliche systemische Chemotherapie der Erkrankung durch die onkologische Fachabteilung erfolgt, um das Risiko eines Wiederauftretens der Erkrankung zu minimieren.
Auf Wunsch kann für jeden Patienten mit einem Krebsleiden ein Kurantrag gestellt werden.
Vorteile und Nachteile der HIPEC
Vorteile der HIPEC
Der Vorteil der HIPEC liegt darin, dass man im Gegensatz zur systemischen Chemotherapie (über die Venen) wesentlich höhere Dosierungen einsetzen kann, da das Chemotherapeutikum nicht über den Körperkreislauf wirkt, sondern direkt in den Bauch gegeben wird und somit weniger Nebenwirkungen hervorruft. Die lokal erreichbare Konzentration liegt ca. um den Faktor 30 höher als wenn das Chemotherapeutikum über das Blut gegeben wird. Darüber hinaus erlaubt die hohe Temperatur von 42 Grad per se eine Zytotoxizität und potenziert zusätzlich die Wirkung der Chemotherapie. Vorteilhaft ist auch bei den hyperthermen Tumorbehandlungsverfahren die Tatsache, dass Tumorzellen generell empfindlicher auf Hitze reagieren als normale, nicht entartete Zellen. Die Diffusion der Lösung ist jedoch nur für wenige Millimeter möglich, sodass eine maximale Tumorentfernung (alle sicht- und tastbaren Tumorrückstände sollten entfernt sein, oder ≤ 3 mm) durch die Chirurgen vorab unerlässlich ist.
Nachteile der HIPEC
Nachteile und Risiken sind abhängig vom Eingriff, der je nach Ausdehnung des Befalls auch viele Stunden in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus bedingt die hohe Konzentration des Chemotherapeutikums auch eine mögliche Störung der Wundheilung, da auch die gesunden Zellen für einige Wochen „angeschlagen“ sind und sich schlecht teilen. Heilungsstörungen an Darmverbindungen (sog. Anastomosen) und z.B. auch Wundinfekte sind daher häufiger. Das Sterblichkeitsrisiko hängt vom Alter, dem Ausgangszustand des Patienten und dem Ausmass des Eingriffs ab (im Durchschnitt 0.5-3%).