Verkehrsunfälle, gefolgt von Sportunfällen, sind die Hauptursache für Verletzungen der Wirbelsäule und des Rückenmarks. Verhängnisvoll ist dabei insbesondere die Verletzung des Rückenmarks, die zu einer Querschnittlähmung führen kann. Instabile Wirbelsäulenverletzungen und Blutungen im Wirbelkanal müssen operativ behandelt werden, um sekundäre Rückenmarksschädigungen zu verhindern.

 

Wirbelsäulenverletzungen sind eine häufige Folge von Unfällen im Strassenverkehr, beim Sport und im Haushalt. In den Industrieländern sind etwa 60 von 100.000 Einwohnern pro Jahr davon betroffen. Die Hälfte infolge Verkehrsunfälle, gefolgt von Stürzen aus grosser Höhe, Sprünge in zu seichte Gewässer oder anderen Sportunfällen. Die Gruppe der 20- bis 30-jährigen Männer ist überproportional häufig betroffen.

 

Von den Verunfallten müssen etwa 25 bis 40 Prozent mit neurologischen Schäden rechnen. Diese erstrecken sich von zeitweiligen Gefühlsstörungen und Teillähmungen der unteren Extremitäten bis zu vollständigen Querschnittlähmungen. Eine Querschnittlähmung tritt dann auf, wenn der Wirbelkanal im Rahmen des Unfalls verlegt wird oder durch Knochenstücke bzw. Blutungen verengt und das Rückenmark komprimiert wird. Es ist jedoch durchaus möglich, dass die Knochenstruktur der Wirbelsäule intakt geblieben und das Rückenmark durch Dehnung oder temporäre Druckeinwirkung in Mitleidenschaft gezogen wurde.

 

Die meisten Verletzungen treten im Bereich der Halswirbelsäule und am Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule auf. Je kopfnäher die Verletzung, desto schwerwiegender sind die Konsequenzen einer Rückenmarkschädigung. Schäden zwischen dem Hinterhaupt und dem 5. Halswirbel können zu einer vollständigen Lähmung der Arme und Beine sowie des Zwerchfells (Atmung) führen. Verletzungen zwischen 5. Hals- und 1. Brustwirbel können zu einer Lähmung der Arme und Beine (Tetraparese) führen. Bei Schäden unterhalb des 1. Brustwirbels sind insbesondere die Beine, aber je nach Höhe auch Bauch- und Zwischenrippenmuskulatur (Atemhilfsmuskulatur!) betroffen.

 

Operative Druckentlastung

Primär besteht die Therapie bei Wirbelsäulenverletzungen darin, die Wirbelsäule in physiologischer Stellung zu stabilisieren. Unter Umständen müssen zunächst Knochenfragmente von eingestauchten Wirbelkörpern/-bögen aus dem Bereich des Wirbelkanals entfernt werden, um das Rückenmark zu entlasten. Um gestauchte Wirbelkörper wieder aufzurichten, werden die angrenzenden Wirbel mit Fixateuren (Schrauben und Stäben) stabilisiert, und der verletzte Wirbelkörper ggf. durch einen Titankorb ersetzt.

 

Folgeschäden vermeiden

Die Sanierung der Wirbelsäule ist nicht zur Entlastung des Rückenmarks wichtig. Ohne operativen Eingriff kann durch eine instabile Verletzung eine Fehlstellung entstehen. Nicht selten kommt es dabei zu einer sogenannten posttraumatischen kyphotischen Deformität. Diese kann wiederum zu neurologischen Ausfällen und Schmerzen führen.

 

Schocktherapie und Rehabilitation

Wirbelsäulenverletzungen, insbesondere mit Beeinträchtigung des Rückenmarks, benötigen eine intensive Betreuung. Weil bei Verletzungen des Rückenmarks die Funktion des sog. vegetativen Nervensystems gestört wird (,spinaler Schock’), ist die Kreislaufregulation bei den Betroffenen oft über Wochen beeinträchtigt.Später nimmt die Rehabilitation, insbesondere bei kompletten Querschnittläsionen, viel Zeit und Geduld in Anspruch. Dabei gilt es auch die vegetativen Regulationsmechanismen, wie Darm- und Blasenentleerung, sowie die soziale und berufliche Wiedereingliederung zu bewältigen.