Hirslanden Fachartikel

An Brustkrebs erkrankte Menschen brauchen mehr als nur medizinische Behandlungen – ebenso wichtig ist emotionaler Beistand. Hier unterstützen so genannte «Breast Care Nurses». Jasmina Vekic ist eine von ihnen. Sie arbeitet im zertifizierten Brustzentrum Bern Biel der Hirslanden Klinik Linde in Biel und erzählt im Gespräch, warum ihr Beruf so wichtig ist.

Breast Care Nurse Jasmina Vekic - Brustzentrum Bern Biel
Bild: Rabih Haj-Hassan

Jasmina Vekic, in Ihrem Beruf sind Freud und Leid nahe beieinander. Das ist emotional anspruchsvoll. Was war Ihre Motivation, sich von der Pflegefachfrau zur «Breast Care Nurse» weiterzubilden?

Als Pflegefachfrau hatte ich immer schon mit Krebspatientinnen und -patienten zu tun, und das Thema Onkologie hat mich auch immer fasziniert – aber ein Brustkrebsfall im Bekanntenkreis gab dann den Ausschlag zur Weiterbildung.

Sie sind nun seit vier Jahren als «Breast Care Nurse» tätig und haben täglich mit Menschen zu tun, die in einer lebensbedrohlichen Ausnahmesituation sind. Wie gehen Sie mit dieser Belastung um?

Was mir hilft, ist das Wissen, dass ich den Menschen, die ich begleite, etwas Gutes tue. Als «Breast Care Nurse» kann ich diese Frauen und Männer von der ersten Biopsie bis zur Diagnose und den darauf folgenden Behandlungen zur Seite stehen. Da sind Freud und Leid tatsächlich oft eng beieinander, aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Als «Breast Care Nurse» muss man sich in die unterschiedlichsten Menschen einfühlen – und manchmal auch einfach nur dasein und aushalten können.

Wie muss ich mir dieses «Dasein» vorstellen? Wie sieht eine Begegnung zwischen Ihnen und einer Frau aus, die gerade erst die Diagnose Brustkrebs bekommen hat?

Das kommt sehr auf die betroffene Person an. In der Regel begleite ich sie von der ersten Untersuchung an und bin bei allen Gesprächen zwischen ihr und den Ärztinnen und Ärzten mit dabei. Bei der eigentlichen Diagnose kommt es dann ganz darauf an, wie die Frau reagiert, gefasst oder emotional. Jeder Mensch reagiert in solchen Ausnahmesituationen anders, und da braucht es ein gutes Gespür für die richtige Reaktion. Viele Patientinnen kommen in Begleitung ihrer Partnerinnen und Partner.

Beziehen Sie das Umfeld der Betroffenen auch in Ihre Arbeit mit ein?

Die Einbindung des sozialen Umfelds erfolgt immer in Abstimmung mit der Patientin. Mein Hauptaugenmerk liegt jedoch vorwiegend auf dem direkten Kontakt mit der betroffenen Person, insbesondere bei telefonischen Konsultationen. Bei senologischen Sprechstunden sind jeweils auch Angehörige anwesend, die selbstverständlich in die nachfolgenden Gespräche mit der Breast Care Nurse einbezogen werden.

Wie läuft die Begleitung durch eine «Breast Care Nurse» ab? Werden regelmässige Termine vereinbart oder ist das situativ?

Grundsätzlich bestimmt das individuelle Bedürfnis einer Patientin nach Begleitung und Beratung die Kadenz und die Dauer – unsere Arbeit kann durchaus auch über die eigentliche Therapiezeit hinausgehen. Gleichzeitig gibt es auch Zertifizierungsvorgaben durch die Krebsliga, die bestimmte Interaktionen im Laufe der Therapie vorschreiben.

Was beinhaltet die Begleitung über die eigentliche Therapiedauer hinaus?

Hier geht es meistens darum, dass die Patientinnen den Weg in den Alltag und insbesondere das Vertrauen in den eigenen Körper und sich selbst wiederfinden. Wir unterstützen sie also auch darin, nach der Krebsbehandlung das Vertrauen ins Leben zurück zu erhalten. Dafür stehen uns verschiedene Instrumente zur Verfügung wie zum Beispiel die Anmeldung zur Psychoonkologie, d.h. eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung und Betreuung spezifisch bei Krebserkrankung, sofern das gewünscht ist. Hier sind wir sehr gefragt, um heraus zu spüren, was die betroffene Frau für ihren weiteren Lebensweg noch brauchen könnte.

Gibt es aufgrund Ihrer Berufserfahrung einen allgemeingültigen Tipp, den Sie betroffenen Frauen zur Bewältigung dieser Gesundheitskrise mitgeben können?

Diese Frage ist durchaus komplex. Der Krebs ist so individuell wie die Frau, die ihn erlebt. Da gibt es keine universelle Lösung. Jede Patientin bringt eine einzigartige Situation mit sich, auf die ich mich jeweils neu einstelle. Während meiner Begleitung ist es mir grundsätzlich wichtig, dass die betroffenen Frauen ihre eigenen Bedürfnisse und ihren eigenen Genesungsweg an die oberste Stelle setzen – selbstverständlich mit Unterstützung und im Beisein ihrer Angehörigen. Ich bemühe mich, Ratschläge und Tipps zu vermeiden, da diese selten den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen entsprechen.

Original-Beitrag erschienen in den Magazinen DOLCE VITA und NATÜRLICH sowie auf MIS MAGAZIN.