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Erhöhte Leberwerte – was bedeutet das?

Erhöhte Leberwerte weisen auf eine Störung oder auf eine Krankheit der Leber oder des Gallensystems hin und werden oft per Zufall entdeckt. Häufige Gründe, erhöhte Leberwerte zu entdecken sind, wenn z.B. ein Bluttest aufgrund eines Verkehrsdeliktes angeordnet wird, ein Routine Check-up gemacht wird oder wenn Medikamente neu verordnet werden.

Die Leberwerte sind nicht nur bei chronischem Alkoholkonsum erhöht und sind meist nur die Spitze des Eisbergs. Das tatsächliche Ausmass des Leberschadens ist oft grösser als der erhöhte Wert vermuten lässt. Die Aufgabe sowohl des Hausarztes wie auch des Spezialisten (Gastroenterologe) ist es, die erkrankte Leber und deren Ursache möglichst früh zu entdecken. Fatalerweise dauert es oft Jahrzehnte bis Beschwerden entstehen; die Leber leidet sozusagen still vor sich hin.

Funktionen und Aufgaben der Leber, Ursachen von Leberschädigungen, Erkennung von Lebererkrankungen sowie deren Vorbeugung und Behandlung waren die Schwerpunktthemen der Publikumsveranstaltung.

Leber und Galle – zwei miteinander verbundene Organsysteme

Zunächst muss unterschieden werden, ob es sich bei den erhöhten Leberwerten um eine Erkrankung der Leber selbst oder um eine Lebererkrankung aufgrund einer Erkrankung des Gallensystems handelt.

Anatomie und Funktion der Leber

Die Leberzellen produzieren die Galle. Das Gallensystem fängt die Galle auf, teilweise wird die Galle in der Gallenblase gespeichert. Wenn Nahrung über den Magen in den Dünndarm kommt, wird Galle zur «Verdauung» der Speise freigesetzt, damit die Nahrung im Körper aufgenommen werden kann.

Die Leber ist ausserdem für viele Stoffwechselvorgänge, Immunfunktionen, Produktion/Speicherung von Eiweissen und Vitaminen sowie für die Bildung von Ausgangsprodukten für Sexualhormone zuständig. Die Leber ist das Entgiftungsorgan, welches den Körper sowohl von körpereigenen wie auch von körperfremden Substanzen (Alkohol, Drogen, Umweltschadstoffe etc.) entgiftet. Die Bildung von Gerinnungsfaktoren sowie die Speicherung von Eisen, welches für die Produktion der roten Blutkörperchen benötigt wird, sind weitere Aufgaben der Leber.

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Akute und chronische Leberentzündung – Ursachen

Man unterscheidet zwischen der akuten und der chronischen Leberentzündung (Hepatitis).

Häufigste Ursachen für eine akute Leberentzündung

Die häufigsten Ursachen für eine akute Leberentzündung (Hepatitis) sind virale Infektionen (Hepatitis A bis E), Nahrungsmittelvergiftungen (Pilze), Vergiftungen durch Medikamente (dosis- oder wirkstoffabhängig), Chemikalien oder Drogen. Auch andere Infektionen durch Viren oder Bakterien (z.B. Pfeiffersches Drüsenfieber, Chlamydien etc.) können eine akute Leberentzündung hervorrufen.

Siehe Krankheitsbilder Hepatitis A, Hepatitis B, Hepatitis C

Die akute Leberentzündung heilt oft ohne Folgen ab. Sie kann aber auch einen chronischen Verlauf nehmen. Von einer chronischen Hepatitis wird gesprochen, wenn die Leberentzündung länger als sechs Monate andauert. Umgekehrt kann eine chronische Leberentzündung, zum Beispiel die Virushepatitis, plötzliche akute Schübe machen. Die Leberwerte steigen zunächst rasch an, normalisieren sich nach dem akuten Schub aber wieder. Im schlimmsten Fall (z.B. bei einer schweren Vergiftung) führt die Entzündung zu einem akuten Leberversagen.

Häufigste Ursachen einer chronischen Leberentzündung

Die chronische Leberentzündung entsteht oft aus einer nicht abgeheilten akuten Hepatitis (am häufigsten Hepatitis A, B oder C). Immer häufiger ist aber die Fettleber die Ursache für eine chronische Leberentzündung. Die Fettleber entsteht langsam und über Jahre hinweg und wird erst spät – häufig zu spät für eine Heilung – entdeckt. Ursache für eine Fettleber sind entweder chronischer Alkoholkonsum oder das metabolische Syndrom bei der nichtalkoholischen Fettleber. Von einem metabolische Syndrom spricht man, wenn verschiedene Faktoren zusammentreffen: Schweres Übergewicht, hohe Blutfettwerte, Diabetes, hoher Blutdruck. Das metabolische Syndrom gehört auch zu den Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen.

Chronische Leberentzündungen können aber auch durch Ursachen entstehen, welche bei uns selten, in anderen Ländern jedoch häufig sind, z.B. durch Parasiten wie Würmer (Fuchsbandwurm).

Dazu gehören auch Autoimmunerkrankungen (Autoimmunleber, Eisenstoffwechselüberladung, Erkrankungen der Gallenwege oder Begleiterkrankungen wie chronische-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulercosa).

Was sind die Folgen einer chronischen Leberentzündung

Eine chronische Leberentzündung verhärtet das elastische Lebergewebe, gesunde Leberzellen sterben ab und werden durch narbiges, hartes Bindegewebe ersetzt – die Leber schrumpft, es entsteht eine Leberzirrhose (Schrumpfleber). Unbehandelt führt dies zum akuten Leberversagen. Leberkrebs ist ebenfalls eine häufige Folge der Leberzirrhose. Dabei kann es sich um einen Krebs der Leber selber handeln oder um bösartige Tumore in den Gallengängen.

Meist ist nicht nur eine Ursache oder ein Risikofaktor schuld an der Entstehung einer Lebererkrankung, wie man auch an Zahlen aus den USA (ca. 1990) feststellen kann.

  • Ursachen für eine Leberzirrhose: 51% chronischer Alkoholkonsum, 26% Hepatitis C, 11% Hepatitis B, 17% unklare Ursache, 14% Hepatitis C plus Alkohol, 3% Hepatitis B plus Alkohol.

Allgemein gilt, kommen zwei oder mehr Faktoren zusammen, wird das Risiko mindestens verdoppelt.

Wie fällt eine kranke Leber primär auf?

Lebererkrankungen entstehen meist über Jahre oder Jahrzehnte hinweg – ausser es handelt sich um eine akute Leberentzündung. Erhöhte Leberwerte werden deshalb oft als Zufallsbefund zum Beispiel bei einer Routinekontrolle durch den Hausarzt, den Betriebsarzt entdeckt oder wie oben beschrieben, durch eine Blutkontrolle aufgrund eines Verkehrsdeliktes. Häufig werden erhöhte Leberwerte auch bei Abklärungen anderer Erkrankungen wie zum Beispiel bei hohem Blutdruck oder bei Diabetes entdeckt. Manchmal wünscht der Patient die Messung der Leberwerte, weil Lebererkrankungen in der Familie bestehen.

Auffälligstes Merkmal für eine Lebererkrankung ist eine Gelbfärbung der Haut oder des Augenweiss (Gelbsucht). Auch unklare Bauchschmerzen (häufig als Koliken) können auf eine Leber- oder Gallenwegserkrankung hinweisen.

Wie erkennt der Arzt die kranke Leber?

Zunächst nimmt der Arzt eine gründliche Anamnese (Krankengeschichte) auf, wobei er seine Beobachtungen und die Schilderungen /Wahrnehmungen des Patienten mit einbezieht. Folgende Schilderungen/Wahrnehmungen können direkt/indirekt auf eine akute Lebererkrankung oder auf das Risiko für eine chronische Lebererkrankung hinweisen:

  • Starke Müdigkeit, Abgeschlagenheit
  • Juckreiz und Gelbfärbung der Haut oder des Augenweiss (Gelbsucht, medizinisch Ikterus)
  • Beschwerden nach Genuss eines Pilzgerichtes (z.B. Pilzvergiftung durch Knollenblätterpilz)
  • Beinschwellungen, Bauchschwellungen
  • Alkoholkonsum (selbst oder von Familienmitgliedern geschildert)
  • Einnahme bestimmter Medikamente
  • Bestehendes metabolisches Syndrom: starkes Übergewicht, Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes.
  • Risikofaktoren, die das Infektionsrisiko erhöhen: Bluttransfusion (vor 1990)*, intravenöser Drogenkonsum, Auslandaufenthalt
  • Zeichen für Magen-Darmblutungen (Erbrechen oder Blutstuhl)
  • Sehr selten: Zeichen für Gelenkerkrankungen oder Eisenüberladung (dunkle Hautpigmentierung)

*siehe Hepatitis C und Folgeerkrankungen

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Körperliche Anzeichen oder Erscheinungsbild des Patienten als Hinweis auf eine chronische Lebererkrankung

Eine chronisch kranke Leber hat einen grossen Einfluss auf die Gesundheit vieler anderer Organe, mit teilweise lebensgefährlichen Komplikationen.

  • Typische Leber/Hautveränderungen: z.B. sogenannte Spider-Nävi (spinnenartige Hauterhebungen) häufig am Hals und am Decoltée zu sehen; beständige Rotfärbungen an den Handinnenflächen
  • Wasseransammlungen im Bauch, oft verbunden mit einem Nabelbruch, Leistenbruch (Hernie) sowie sichtbaren, vergrösserten Venen am Bauch oder am Hals.
  • Tastbare Milz- und Lebervergrösserung
  • Typischer Lebermundgeruch (Foetor hepaticus)
  • Sehnenverkürzungen an den Händen mit Zusammenzug eines einzelnen Fingers (medizinisch Dupuytren) oder sogenannte Trommelschlägelfinger
  • Bei den Männern: Haarausfall am Bauch, Brustbildung (Gynäkomastie), Hodenschwund, und eingeschränktes Wasserlassen
  • Allgemeiner Muskelschwund
  • Starke Abmagerung, da die Nahrung nicht mehr richtig verwertet werden kann
  • Ausgedünntes, schütteres Haar
  • Erhöhtes Infektionsrisiko
  • Bei mangelnder Entgiftungsfunktion der Leber kann es zur sogenannten hepatischen Enzephalopathie kommen: Der Patient ist verlangsamt, weisst Verwirrtheitszustände auf und ist schlecht ansprechbar. Es kann zu Bewusstseinstrübungen bis hin zum Komma kommen.
  • Erhöhung des Druckes im Blutkreislauf der Leber (Pfortader) führen zu Krampfadern in der Speiseröhre und zu einer Mehrbelastung des Herzens. Krampfadern in der Speiseröhre sind ausserdem sehr fragil und bereits leichte Verletzungen können zu grossen Blutungen führen.
  • Die Leberschädigung führt auch zu einer Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Als Folge wird weniger Urin produziert und es kommt ebenfalls vermehrt zu Wasseransammlungen im Körper (Ödeme).
  • Durch Störungen im Vitamin-Stoffwechsel können im Laufe der Zeit Knochenprobleme wie Osteoporose auftreten.
  • Manche Lebererkrankungen (Autoimmunhepatitis, Hämochromatose) führen auch zu Gelenkbeschwerden.

Untersuchungsmöglichkeiten beim Arzt

Leberwerte – wie aussagekräftig sind sie?

Erhöhte Leberwerte zeigen an, dass eine Störung oder Krankheit vorliegt – normale Leberwerte schliessen aber eine Lebererkrankung nicht aus! Denn: Bei jedem 4. Patienten, bei dem eine Lebergewebsuntersuchung eine Lebererkrankung ergibt, sind die Leberwerte normal.

Erhöhte Leberwerte – Welche Untersuchungen werden notwendig?
Ultraschall

Bei erhöhten Leberwerten ist die erste, häufigste, einfachste, effektivste und kostengünstigste Untersuchung die Ultraschalluntersuchung. Damit kann der Arzt den ganzen Bauch (medizinisch Abdomen) und seine Organe bei freier Sicht (ohne Strahlenbelastung wie bei der Computertomografie) einsehen und beurteilen. Mit dem Ultraschall können Lebererkrankungen, die aus der Leber selbst entstanden sind, dargestellt werden (intrahepatische Probleme): zum Beispiel eine Leberzirrhose (Leberschrumpfung), Leberkrebs oder auch Absiedlungen von Krebszellen (Metastasen).

Mit der Ultraschalluntersuchung werden auch Probleme, die zwar die Leber krank machen, aber deren Ursache nicht direkt auf die Leber zurückzuführen ist (sogenanntes extrahepatisches Problem) sichtbar. Dazu gehört zum Beispiel die Stauungsleber.

Eine Stauungsleber kommt durch einen mangelnden Blutabfluss aus der Leber zustande. Ursache ist eine Erkrankung des Herzens oder der Lunge. Das venöse Blut staut sich vor dem rechten Herzen in die Eingeweide und in die Leber. Hier ist nicht nur die Leber vergrössert, es kommt auch zu einer sichtbaren Stauung der Halsvenen.

Computertomographie

Zur Unterscheidung von Leberproblemen und Gallenproblemen kann eine Computertomographie folgen. Die Untersuchungsresultate sind genauso gut, teilweise besser, die Untersuchung aber wesentlich teurer als eine Ultraschalluntersuchung und es besteht eine Strahlenbelastung. Oft sind die Gallenwege wegen Darmüberlagerungen nicht gut sichtbar oder ganz kleine Gallensteine können mit dem Ultraschall übersehen werden. Hier hilft die Computertomographie weiter.

Gallengangsystemspiegelung (Endoskopie)

Bei dieser minimalinvasiven Untersuchung wird mittels eines Schlauchs eine Kamera über den Mund, in die Speiseröhre und den Magen bis in den Zwölffingerdarm im Bereich der gemeinsamen Mündung des Gallen- und des Bauchspeicheldrüsenganges vorgeschoben.

Bei dieser Untersuchung kann das Gallensystem untersucht und gleichzeitig können Gewebeproben entnommen werden. Gallensteine können zum Beispiel gefasst und aus dem Gallengang entfernt werden. Anschliessend werden die Gallensteine über den Darm ausgeschieden.

MRT oder Kernspintomographie

Die Kernspintomographie ist zwar die teuerste Untersuchungsmethode, hat aber den Vorteil, dass der Patient nicht mit Strahlen belastet wird, wie das z.B. mit Röntgenaufnahmen der Fall ist.

Histologische Untersuchung – Lebergewebeprobe

Wenn sowohl die Blutergebnisse wie auch die bildgebenden Darstellungen (Ultraschall, Computertomographie, MRT) keinen Aufschluss zur Ursache der Erkrankung ergeben, wird eine Lebergewebeprobe notwendig.

Unter lokaler Betäubung wird mittels einer Punktion ein Stück Lebergewebe entnommen (Leberbiopsie) und mikroskopisch untersucht. Damit kann nicht nur die Ursache der Leberschädigung (z.B. eine Fettleber) sondern auch die Schwere der Leberschädigung festgestellt werden.

Fakten und Zahlen zu Lebererkrankungen

Für das Überleben einer chronischen Lebererkrankung ist die Ursache zweitrangig. Die Schwere und die Dauer der Lebererkrankung bis zur Diagnosestellung sind viel wichtiger.

Die Leberzirrhose zum Beispiel entsteht über viele Jahrzehnte, weshalb häufig erst ältere Menschen, meist über 65- jährig, an Leberzirrhose erkranken. Leberzirrhose ist häufiger als man denkt: jeder 10–20. Erwachsene ist davon betroffen – Tendenz steigend. Eine Leberzirrhose (Leberschrumpfung) ist in der Regel nicht reversibel. Für das Überleben in weit fortgeschrittenen Stadien kann eine Lebertransplantation notwendig sein.

Hepatitis C-Virusinfektion und Folgeerkrankungen

Bis Ende des zweiten Weltkrieges war die Hepatitis-C-Infektion kaum bekannt. Nach 1960 bis ca. Ende der 1990-er Jahre stiegen die Neuinfektionen um über das 6-Fache an und nahmen danach wieder stark ab. Insbesondere Neuinfektionen via Bluttransfusion gab es keine mehr. Der Grund dafür war die Einführung eines Testes, mit welchem das Hepatitis C im Blut nachgewiesen werden konnte. Mit dem Test konnten ab sofort sämtliche Blutkonserven vor einer Bluttransfusion getestet werden.

Die Anzahl der Lebererkrankungen durch Hepatitis C-Infektionen ist in der Gesamtbevölkerung trotzdem ansteigend und zwar deshalb, weil die Infektionen bei Erwachsenen, die vor 1990 mit dem Hepatitis-C-Virus angesteckt wurden, wahrscheinlich erst Jahrzehnte später entweder durch Zufall oder durch Beschwerden der Leberentzündung, entdeckt werden.

Leberkrebserkrankungen

In zwei Jahrzehnten (zwischen 1981 und 1998) kam es in den USA zu einer Verdoppelung der Leberkrebsfälle, ausgelöst durch Hepatitis-C-Virusinfektionen sowie durch Fettlebererkrankungen. Mittlerweile gehört Leberkrebs zu den 10 häufigsten Krebserkrankungen. Der Grund dafür sind schweres Übergewicht durch Fastfood und Bewegungsmangel.

Daten zu schwerem Übergewicht und Diabetes aus den USA

Im Jahr 1994 waren 14–17.9% schwer Übergewichtig (Body-Mass-Index über 30) und 4.5–5.9% litten an Diabetes. Seither steigen diese Raten jährlich an: Im Jahr 2000 waren 18–22% schwer übergewichtig und 6–7.4% litten an Diabetes und im Jahr 2010 waren es bereits 22–26% Fettleibige und fast 9% litten an Diabetes.

Dementsprechend sind die wichtigsten Vorbeugemassnahmen zur Vermeidung einer Fettleber: eine ausgewogene Ernährung, regelmässige Bewegung und Vermeidung von Alkohol.

Akute und Chronische Lebererkrankung – Vorbeugen und Überleben

Eine akute Lebererkrankung, die frühzeitig entdeckt und behandelt wird, heilt zu 80–90% ohne Folgen für den Betroffenen aus.

Vorbeugemassnahmen betreffend Leberentzündungen

Gegen die Hepatitis A und B kann eine Impfung schützen. Gegen Hepatitis C gibt es keine Impfung. Die Hepatitis C wir übertragen durch Sexualkontakt, offene Wunden, Drogenbesteck, vor 1990 auch durch Bluttransfusionen, Tätowierungen und früher auch bei Zahnbehandlungen in «Billigländern». Während der Geburt können infizierte Mütter durch Verletzungen das Baby anstecken.

Medikamente sollten immer nach Absprache mit dem Arzt oder Apotheker eingenommen werden – dies gilt auch für rezeptfreie Medikamente (z.B. Schmerzmittel) oder auch teilweise für pflanzliche Präparate (Kava-Kava).

Vorbeugung der chronischen Fettleber
  • Vermeidung der Ursache Nummer 1 Alkohol: Ein erwachsener Mann sollte täglich nicht mehr 40g Alkohol zu sich nehmen (Rotwein scheint dabei weniger schädlich zu sein als Schnaps); Frauen nicht mehr als 20–30g täglich. Bei bestehender Lebererkrankung (z.B. Hepatitis C) sollte strikt auf Alkohol verzichtet werden.
  • Vermeidung der Ursache Nummer 2: Metabolisches Syndrom (Übergewicht, Diabetes, zu hohe Blutdruckwerte, zu hohe Blutfettwerte: Übergewicht vermeiden oder Gewichtsreduktion durch Diät und Bewegung; allenfalls können Medikamente zur Gewichtsreduktion oder ein einen magenchirurgischer Eingriff (z. B. Magenband, Magenverkleinerung etc.) die Gewichtsreduktion unterstützen. Wichtig: Bereits ein paar verlorene Kilos können die Leberwerte verbessern.
Behandlung der Grunderkrankung, Verhinderung von Leberzirrhose oder Leberkrebs

Wichtig für den Verlauf der Lebererkrankung ist die möglichst frühzeitige Erkennung. Dies geschieht am einfachsten durch Messung der Leberwerte sowie durch Ultraschalluntersuchungen, welche der Hausarzt durchführen kann.

Bei bestehender Grunderkrankung (z.B. einer Virushepatitis C und B) muss Alkohol dringend vermieden werden. Mit modernen Medikamenten (Interferonen), kann die Viruslast heute gut eingedämmt werden, sodass eine Heilungsrate von 80% erreicht wird. Im nächsten Jahr (2014) werden drei neue orale Medikamente zur Behandlung der Virushepatitis C auf den Markt kommen, welche die Interferonspritzen, die mit starken Nebenwirkungen einhergehen, ablösen werden. Allerdings werden diese Medikamente extrem teuer sein: Die Kosten für ein halbes Jahr werden pro Patient auf ca. 40 000 Franken prognostiziert.

Bei den Autoimmunerkrankungen werden entzündungshemmende Medikamente und Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems eingesetzt (z.B. Kortison). Bei den Gallenwegserkrankungen wird ein spezielles Gallensalz (Ursodesoxycholsäure) zur Verbesserung der Leberfunktion eingesetzt.

Vermeidung von Komplikationen bei einer chronischen Lebererkrankung

Ist die Leber bereits erkrankt muss dringend Alkohol vermieden werden und Medikamente sollen nur nach Absprache mit dem Arzt eingenommen werden.

Weitere Massnahmen sind:
  • Impfungen gegen Hepatitis A und B
  • Regelmässige Ultraschalluntersuchungen, um zum Beispiel Wasseransammlungen im Bauch frühzeitig zu entdecken
  • Regelmässige Laborkontrollen (Leberfunktion) und eventuelle Magenspiegelung zum Aufdecken von lebensgefährlichen Krampfadern (Blutungsgefahr).
Bei bestehender Leberzirrhose kommen folgende Medikamente zum Zug:
  • Wasserausschwemmende Medikamente bei Wasserbauch (Ascites)
  • Antibiotika bei Infektionen
  • Medikamente zur Senkung des Blutstaus vor der Leber oder Behandlung von Krampfadern 
  • Medikamente zur Stuhlregulierung (Milchzucker) vermindern Giftbildung im Darm

Behandlung von weiteren Komplikationen einer Leberzirrhose

Blutende Krampfadern in der Speiseröhre können durch eine Speiseröhrenspiegelung entdeckt und gleichzeitig behandelt werden. Bei Blutstau müssen künstliche Umleitungen gelegt werden, sodass das Blut andere Wege findet. Häufig bleibt aber nur noch die Lebertransplantation.

Behandlung von Leberkrebs

Leberkrebs oder Tumore im Gallensystem können operativ oder medikamentös behandelt werden. Bei Leberkrebs bleibt mitunter als einzige heilende Option die Lebertransplantation.

Zusammenarbeit Hausarzt und Facharzt/Klinik (Gastroenterologe)

Der enge Kontakt zwischen dem Hausarzt und dem Facharzt ist sehr wichtig bei der Lebererkrankung. Insbesondere Erstuntersuchungen und Abklärungen kann der Hausarzt vornehmen: Messung der Leberwerte, Nachweis einer Hepatitis-Infektion oder auch der Nachweis von Blutbildveränderungen. Da der Hausarzt den Patienten meist besser kennt als der Facharzt, ist er für die Therapiekontrolle sowie die Therapiemotivation ebenfalls sehr gut geeignet.

Der Facharzt wird beigezogen, wenn nicht klar ist, ob eine Therapie notwendig ist sowie zur Einleitung der Behandlung, für Dosisanpassungen oder zur Behandlung von Nebenwirkungen. Ob allenfalls eine Therapie abgebrochen werden soll, sollte ebenfalls dem Facharzt überlassen werden. Wichtig ist ein reger Austausch zwischen Hausarzt und Facharzt über Zwischenwerte und Befunde während der Therapie.

Voraussichtliche Entwicklung von häufigen Lebererkrankungen in den nächsten 10 Jahren

Lebererkrankungen mit Alkohol als Ursache werden zunehmen – hier spielt der Alkoholkonsum der Jugendlichen eine grosse Rolle. Mit den Alcopops (alkoholische Süssgetränke) werden die Jugendlichen nach und nach zum Alkoholkonsum «erzogen». Die Zahl der nichtalkoholischen Fettleber aufgrund des metabolischen Syndroms wird ebenfalls zunehmen.

Die Lebererkrankungen der Hepatitis C-Virusinfektionen, insbesondere durch Bluttransfusionen vor 1990, werden weit in die 2000 Jahre zunehmend spürbar werden, obwohl die Zahl der Neuinfektionen stetig sinkend ist. Die Zahl der Leberkrankheiten durch Hepatitis B-Infektionen nimmt dank der Impfung, die in sehr vielen Ländern bereits im Säuglingsalter verabreicht wird, weiter stark ab.

Zahlen für die Entwicklung von Lebererkrankungen in Deutschland

Von ca. 1.6 Millionen Menschen mit alkoholbedingter Fettleber werden etwa 90–100% eine chronische Leberentzündung und etwa 10–20% (160’000) im Laufe ihres Lebens eine Leberzirrhose entwickeln.

Bei den hypothetischen 16 Millionen Menschen mit nichtalkoholbedingter Fettleber (Metabolisches Syndrom) werden 30% an einer «bedeutsamen» Fettleber leiden und etwa 2–3% eine chronische Leberentzündung entwickeln. Etwas weniger als 1% werden eine Leberzirrhose entwickeln, was aber dennoch ca. 100’000 Leberzirrhosen infolge einer nichtalkoholbedingten Fettleber bedeuten wird.

Interview mit Prof. Dr. med. Gerhard Treiber

Frage: Das metabolische Syndrom ist ein wichtiger Risikofaktor für die nichtalkoholbedingte Fettleber. Wie erkennen Betroffene, dass Sie gefährdet sind und was können Sie vorbeugend dagegen tun?

Antwort: Zusammen mit dem Hausarzt sollten die Risikofaktoren für das metabolische Syndrom überprüft werden, Übergewicht kann man in der Regel selbst feststellen (Faustformel: Körpergrösse in cm -100 ist gleich max. zulässiges Gewicht). Dann stehen im Vordergrund die Bekämpfung/Korrektur der Risikofaktoren und mehr Bewegung.

 

Frage: Was kann der Hausarzt tun, wenn bei einer Routinekontrolle erhöhte Leberwerte festgestellt werden und wann sollte ein Patient an den Spezialisten weitergeleitet werden? Antwort: Abklärung häufiger Ursachen (Alkohol, metabolisches Syndrom, Medikamente, virale Hepatitisinfektionen) durch den Hausarzt. Wird hierbei keine definitive Ursache gefunden oder verschlechtern sich die Leberwerte trotz Therapie, sollte der Patient zum Spezialisten überwiesen werden?

Antwort: Abklärung häufiger Ursachen (Alkohol, metabolisches Syndrom, Medikamente, virale Hepatitisinfektionen) durch den Hausarzt. Wird hierbei keine definitive Ursache gefunden oder verschlechtern sich die Leberwerte trotz Therapie, sollte der Patient zum Spezialisten überwiesen werden.

 

Frage: Wie häufig kommt eine Lebertransplantation vor, wie lange ist die durchschnittliche Wartezeit für eine Leber und wie lange ist die durchschnittliche Überlebenszeit einer transplantierten Leber?

Antwort: Es gibt deutlich mehr Patienten, welche auf eine neue Leber warten als Spenderorgane. Durch Skandale ist die Zahl der Leberspenden sogar rückläufig. Die Wartezeit beträgt oft mehrere Jahre, kann aber deutlich verkürzt werden, wenn ein naher Angehöriger für eine Leberteilspende in Frage kommt (hierbei wird nur eine «Hälfte» entnommen und transplantiert, es handelt sich um eine sogenannte Lebendspende).