Fast jeder von uns wird hin und wieder von ihnen geplagt: Rückenschmerzen. Meistens sind sie harmlos und verschwinden nach einigen Tagen wieder von allein. Doch wenn die Schmerzen anhalten, sollte ein Spezialist konsultiert werden. Denn Rückenschmerzen können neben muskulären und nervlichen Ursachen auch durch Gefässverengungen bedingt sein.
Margrit W. aus Aarau litt jahrelang an Rückenschmerzen. „Es begann relativ schleichend. Als Bankangestellte sitze ich hauptsächlich am Schreibtisch und machte zugegebenermassen auch in meiner Freizeit wenig Sport. Als die Schmerzen im Bereich meiner Lendenwirbelsäule auftraten, dachte ich daher zunächst, sie seien muskulär bedingt.“, erzählt Margrit W. Um ihre Rumpfmuskulatur zu kräftigen, begann die heute 58-Jährige daher mit Nordic Walking und ging zum Schwimmen. „Meine Schmerzen wurden davon jedoch nicht besser, sondern verschlimmerten sich sogar. Vor allem während des Sports taten mir der untere Rücken, meine Hüften und Oberschenkel so weh, dass ich danach oft zu Schmerztabletten greifen musste und mich schliesslich immer schlechter zum Training motivieren konnte.“, erzählt sie weiter. Dass ihr Bluthochdruck und der erhöhte Cholesterinspiegel mit ihrem Rückenweh zusammenhängen könnten, hätte sie damals nie für möglich gehalten.
Schmerzen aufgrund von Gefässverengungen
Rückenschmerzen können durch Verengungen der Arterien verursacht werden. Häufig treten die Schmerzen unter Belastung auf, etwa beim Gehen, und werden als Rücken- oder Hüftschmerzen fehlinterpretiert. Dies hat zur Folge, dass Betroffene oft lange Zeit an den Symptomen leiden bis die eigentliche Ursache entdeckt wird und ihnen dauerhaft geholfen werden kann. So war es auch bei Margrit W.: „Es war eine sehr anstrengende Zeit für mich – körperlich und psychisch. Mein Hausarzt verschrieb mir zunächst Physiotherapie, um meine Beschwerden zu lindern. Darin setzte ich zunächst all meine Hoffnung, sie brachte jedoch keine Besserung. Daher überwies er mich an einen Spezialisten, der mir zu einer Infiltration riet. Diese brachte tatsächlich eine Schmerzlinderung und ich schöpfte Hoffnung. Doch 3 Monate später kam der Schmerz zurück und alles ging von vorne los.“
Arterielle Obstruktionen können überall im Körper auftreten, so auch im Becken. Sie entstehen in der Regel unter Einwirkung der klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und erhöhten Cholesterinwerten. Sind solche bekannt oder beschreibt eine Patientin oder ein Patient neben Rücken- und Gesässschmerzen auch Schmerzen in den Oberschenkeln oder Waden, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Gefässproblematik erhöht.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit als Schlüssel bei der Diagnostik
Langfristig beschwerdefrei zu sein war für sie damals ein scheinbar unerreichbares Ziel – bis sie sich im Wirbelsäulen- und Schmerzzentrum der Hirslanden Klinik Aarau vorstellte. Margrit W. wurde von den Fachärzten untersucht und nach Rücksprache mit ihrem Hausarzt zur Abklärung an das Zentrum für Gefässmedizin Mittelland überwiesen. „Wir wissen heute, dass belastungsabhängige Rückenschmerzen auch durch arterielle Obstruktionen verursacht werden können.“, erklärt der Angiologe Prof. Dr. med. Nicolas Diehm vom Zentrum für Gefässmedizin Mittelland. „Überweisen uns die Kollegen des Wirbelsäulen- und Schmerzzentrums eine Patientin oder einen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen, wie im Fall von Margrit W., klären wir die Ursache der Beschwerden mithilfe einer Blutdruckmessung der Beine und einer Ultraschalluntersuchung ab. Oft wird auch eine Computertomographie der inneren Beckenarterien benötigt, da diese im Ultraschall nicht hinreichend beurteilbar sind.“, beschreibt Prof. Diehm weiter.
Die Untersuchungen bestätigten die Vermutung der Mediziner. Bei Margrit W. wurde eine Gefässverengung im Bereich einer inneren Beckenarterie festgestellt, welche die Gesässbacken mit Blut versorgt. „Arterielle Obstruktionen können überall im Körper auftreten, so auch im Becken.“, hält Prof. Diehm fest. „Sie entstehen in der Regel unter Einwirkung der klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren, wie Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und erhöhten Cholesterinwerten. Sind solche bekannt oder beschreibt eine Patientin oder ein Patient neben Rücken- und Gesässschmerzen auch Schmerzen in den Oberschenkeln oder Waden, ist die Wahrscheinlichkeit für eine Gefässproblematik erhöht.“ Im Fall von Margrit W. gaben ihr Bluthochdruck und die erhöhten Cholesterinwerte dem Spezialisten einen ersten Hinweis auf die Arterienverengung.
Schmerzfrei über Nacht
Werden arterielle Obstruktionen im Becken festgestellt, setzt der Angiologe in einem minimal-invasiven Eingriff mithilfe eines Ballonkatheters einen Stent in das betroffene Gefäss ein. Die Patientin oder der Patient kann die Klinik am nächsten Tag wieder verlassen. Margrit W. erinnert sich an den Tag nach ihrem Eingriff: „Der Schmerz war plötzlich verschwunden. Ich konnte es kaum fassen, dass ich mich nach jahrelangen Beschwerden über Nacht wieder schmerzfrei bewegen konnte.“ Prof. Diehm erklärt: „In der Tat sind die Schmerzen bei Betroffenen bereits kurze Zeit nach dem Eingriff verschwunden und die Wahrscheinlichkeit, dass eine erneute Stent-Behandlung notwendig wird, ist gering.“
Margrit W. kann ihren Alltag nun wieder ohne Schmerzen gestalten. Bedauerlich findet sie im Nachhinein nur, dass sie sich nicht schon früher an die Spezialisten des Wirbelsäulen- und Schmerzzentrums und das Zentrum für Gefässmedizin Mittelland gewendet hat. Nun hat sie wieder mit dem Nordic Walking begonnen und achtet auf eine gesunde Ernährung, um ihrer Arteriosklerose entgegenzuwirken und lange Zeit fit zu bleiben.