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Das Hüftgelenk verbindet den Oberschenkelknochen mit dem Becken. Die Hüfte ermöglicht also Bewegungen wie das Gehen oder Treppensteigen und sorgt für einen aufrechten Stand und Stabilität. Um reibungslose und koordinierte Bewegungen auszuführen und die eigene Kraft gezielt einzusetzen, ist die Mobilität der Hüfte zentral. Tritt ein Hüftimpingement auf, ist die Beweglichkeit eingeschränkt. Oft leiden Betroffene unter Schmerzen, die bis in den Oberschenkel ausstrahlen. Wir haben bei Dr. Stefan Joss nachgefragt, was ein Hüftimpingement genau ist, wie es dazu kommt und wie es diagnostiziert und behandelt werden kann.

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Herr Dr. Joss, was ist ein Hüftimpingement?

Ein Hüftimpingement ist umgangssprachlich ein «Hüftklemmen». Es handelt sich um eine Formstörung des Oberschenkelhalses und der Hüftgelenkpfanne. Weil die Passform der beiden Gelenke nicht mehr genau stimmt, ist die Hüfte bei bestimmten Bewegungen und Positionen wie blockiert. Dieser mechanische Konflikt führt im Frühstadium zu mit Schmerzen verbundenen Bewegungseinschränkungen und Überlastungen des Gelenks. Im weiteren Verlauf kommt es zur Abnutzung des Gelenkknorpels. Hier besteht das Risiko, frühzeitig eine Hüftarthrose zu entwickeln.

Welche Ursachen führen zu einem Hüftimpingement?

Wir unterscheiden zwischen der erworbenen Form und der angeborenen Form. Die erworbene Form tritt vor allem bei jungen Sportlerinnen und Sportlern auf, die während der Wachstumsphase Leistungssport machen. Das intensive Training führt zu einer Reizung der Wachstumsfugen, die dann auf der einen Seite partiell zusammenwachsen. Auf der anderen Seite wächst der Hüftkopf weiter und es bildet sich ein Buckel. In den Sportarten Leichtathletik, Rennrad oder Hockey sind bis zu 80 % der jungen Leistungssportler betroffen. Weniger risikoreich sind Fussball, Joggen, Tennis oder Golf. Es gibt aber auch Nichtsportler, die betroffen sind, beispielsweise wenn die Gelenklippe einreisst. Die angeborene Form hingegen ist genetisch bedingt. Häufig ist die Orientierung der Hüftgelenkpfanne nicht optimal, was zum Einklemmen führt. Oft ist das Krankheitsbild aber auch auf eine Kombination beider Formen zurückzuführen.

Welche Symptome treten auf?

Die Beschwerden treten häufig bei schnellen Bewegungen im Hüftgelenk, insbesondere bei starker Beugung und Innenrotation (Einwärtsdrehung) des Oberschenkels auf. Es ist dann für Betroffene schmerzhaft, von einem tiefen Sofa aufzustehen oder auf den Ski lange in der Hocke zu fahren. Am Anfang treten die Beschwerden vor allem während der Belastung auf. Häufig in der Leiste, seltener auf der Seite und nur selten hinten im Gesäss. Bei jungen Leuten ist es eine der häufigsten Ursachen von Leistenschmerzen. Mit der Zeit können weitere Symptome wie Bewegungseinschränkungen und Ruheschmerzen hinzukommen. Treten Schmerzen bei geringer Belastung oder während Ruhephasen auf, ist die Krankheit bereits fortgeschritten. Dann entsteht unter Umständen auch ein Hinken.

Wie wird das Impingement-Syndrom diagnostiziert?

Zur Abklärung gehört ein manueller Impingement-Test, bei dem die Hüfte nach innen und der Fuss nach aussen gedreht wird. Die Patientin oder der Patient wird befragt, ob diese Bewegung schmerzhaft ist. Die klinische Untersuchung wird ergänzt durch Röntgenaufnahmen, auf denen die Impingement-Merkmale gut ersichtlich sind. Bei einer MRI-Untersuchung setzen wir Kontrastmittel ein. Dadurch können wir die Gelenklippe und den Knorpel genau anschauen und entscheiden, welche Therapie geeignet ist.

Welche Auswirkungen hat ein Hüftimpingement auf den Alltag?

Bei Sportlerinnen und Sportlern ist es so, dass sie immer weniger leistungsfähig sind. Sie bringen die Kraft nicht mehr hin. Das Hüftimpingement führt zu einer Überlastung der Sehnen auf der Innen- und Aussenseite, die eigentlich gar nichts mit der Hüfte zu tun hat. Wenn es keine Besserung gibt, müssen sie ihre Karriere oft beenden. Hobbysportler und andere Betroffene können nicht mehr wandern, reiten oder velofahren, vielleicht erwachen sie in der Nacht aufgrund von Schmerzen. Es sind ganz klar Beschwerden, die die Lebensqualität mindern.  

Können präventive Massnahmen getroffen werden, damit es nicht so weit kommt?

Bei der angeborenen Form nicht. Bei der erworbenen Form könnte man bei jungen Sportlerinnen und Sportlern darauf achten, dass sie Impact-Sportarten, häufige Rotationen und hohe Gewichte vermeiden, wenn sie im Wachstumsschub sind. Leider ist das im Leistungssport schwierig, wenn man international mithalten möchte. Hinzu kommt, dass das Wachstum von 12-18 Jahren sehr individuell ist. Bei Hobbysportlern empfehle ich jedoch, darauf zu achten, dass während intensiven Wachstumsphasen nicht mit dem maximalen Gewicht trainiert wird. Ab ca. 18 Jahren bzw. nach Abschluss des Wachstums kann man immer noch forcieren.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Wir unterscheiden zwischen der konservativen Behandlung – zum Beispiel Physiotherapie – und operativen Eingriffen. Handelt es sich um eine milde Form eines Hüftimpingements, kräftigt man in der Physiotherapie die Muskulatur des Rumpfes und des Beckens. In Kombination mit Physiotherapie kann eine Spritzentherapie durchgeführt werden. Meist braucht es auch eine Reduktion der sportlichen Aktivität oder einen Wechsel zu einer hüftschonenden Sportart. Ist das Impingement bereits fortgeschritten und sind Knorpelschäden vorhanden, muss man die Patientin oder den Patienten nicht noch lange konservativ behandeln. Heute kann ein Hüftimpingement in den meisten Fällen durch die minimalinvasive Technik behandelt werden. Nach einer solchen Operation können Leistungssportler das Training nach 2-4 Monaten wieder aufnehmen. Bei Hobbysportlern geht es in der Regel etwas länger, bis sie sich erholt haben. Was immer folgt nach einer Operation, ist Physiotherapie.

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