Beckenendlage: Gymnastik und äussere Wendung
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Fehllagen wie bspw. eine Beckenendlage kommen bei rund 5% der Schwangerschaften vor. Ein geplanter Kaiserschnitt ist dann die sicherste Geburtsvariante. Aber es gibt auch Interventionen, die zuvor probiert werden können. Darüber gibt Dr. med. Christine Marthaler Auskunft. Sie ist Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und langjährige Partnerärztin am Hirslanden Salem-Spital.
Ariana Wimmer ist in der 33. Schwangerschaftswoche und erwartet einen Jungen. Es ist ihr erstes Kind. Der Kontroll-Ultraschall bei ihrer Gynäkologin Christine Marthaler zeigt, dass das Baby in der so genannten Beckenendlage liegt – der Kopf ist oben und die Füsse unten. Die erfahrene Ärztin erklärt Ariana Wimmer, dass eine Spontangeburt mit erhöhten Risiken für das Kind verbunden ist. Es könnte bei der Geburt zu wenig Sauerstoff bekommen, was zu einer Behinderung oder dem Tod des Babys führt. Die werdende Mutter ist enttäuscht. Sie will unbedingt natürlich gebären und lässt sich von Christine Marthaler über ihre Möglichkeiten beraten.
Beratung und Gymnastik
Die Gynäkologin will das Risiko der Geburt und die schwerwiegenden Konsequenzen bei Komplikationen unbedingt vermeiden. Sie rät erstmal zu Gymnastik. «In dieser Schwangerschaftswoche funktioniert die indische Brücke bei rund 70 % der betroffenen Frauen, so dass sich das Kind vor der Geburt noch in die richtige Position dreht», erzählt Christine Marthaler. Nach zwei bis drei Wochen Turnübungen wird noch einmal ein Ultraschall gemacht. Ariana Wimmer gehört leider zu jenen 30 %, bei denen sich das Kind nicht dreht. Christine Marthaler sagt: «In diesem Fall ist das Gespräch mit der Patientin das Allerwichtigste. Was liegt ihr am Herzen? Wie sehr wünscht sie sich eine Spontangeburt? Wie viel Sicherheit braucht sie? Das hilft dann bei der Entscheidungsfindung und bei der Wahl der Massnahmen.»
Äussere Wendung
Die Patientin entscheidet sich schliesslich, eine Intervention zu wagen und eine so genannte äussere Wendung auszuprobieren. Davor muss unbedingt eine ganz genaue Untersuchung der Situation per Ultraschall stattfinden: Hat die Schwangere eine Vorderwandplazenta oder liegt die Nabelschnur um den Hals des Babys, darf das Kind auf keinen Fall manuell gedreht werden. Die Gefahr einer Plazenta-Ablösung ist zu gross. Bei Ariana Wimmer ist das alles nicht der Fall. Sie kommt für die Drehung infrage. Für diesen Termin muss die Patientin in die Frauenklinik, wo sie Wehenmittel erhält und für den Notfall ständig ein*e Anästhesist*in bereitsteht. Danach wird durch äussere Manipulation das Baby aus dem kleinen Becken der Patientin gehoben und umgedreht. Das kann sehr schmerzhaft sein und klappt nur zu ungefähr 50 %. Unsere Patientin hat Glück und alles läuft gut. Rund zwei Wochen später bringt sie in Begleitung der Gynäkologin und der Hebammen im Hirslanden Salem-Spital einen gesunden Jungen per normaler Spontangeburt zur Welt.
Das Gespräch mit der Patientin ist das allerwichtigste
Dr. med. Christine Marthaler, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe und Partnerärztin am Hirslanden Salem-Spital.
Trotzdem ein Kaiserschnitt
Bei rund der Hälfte der überhaupt infrage kommenden Frauen misslingt die Wendung trotzdem. Dann ist ein Plankaiserschnitt die sicherste Geburt. Das macht auch Christine Marthaler ihren Patientinnen klar: «Bei einer Beckenendlage liegen die Komplikationen bei einer Spontangeburt auf der Hand. Ich kläre meine Patientinnen selbstverständlich über alle Möglichkeiten detailliert auf. Betrachten wir die jeweiligen Risiken objektiv, dann ist eine primäre Sectio bei einer Fehllage die für das Kind ungefährlichste Variante.» Für eine Spontangeburt bei Beckenendlage weist Christine Marthaler Erstgebärende an eine spezialisierte Fachperson weiter. Für die Begleitung einer natürlichen Geburt mit Beckenendlage beim zweiten Kind steht die Gynäkologin ausschliesslich unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung: «Wenn die Eröffnungsphase reibungslos verläuft und das Kind nicht grösser als das erste geschätzt wird, darf die Frau bei mir im Salem-Spital gebären.»