Bauchspeicheldrüsenkrebs: Rund 1 300 Menschen in der Schweiz erhalten jedes Jahr diese Diagnose. Das sind zwar "nur" 3 % aller Krebserkrankungen, aber die Sterblichkeitsrate gehört zu den höchsten. Der Viszeralchirurg Prof. Dr. med. Beat Künzli vom Bauchzentrum Mittelland der Hirslanden Klinik Aarau erklärt, wie Betroffenen unter Umständen mithilfe der sogenannten Whipple-Operation dennoch geholfen werden kann.

In meinem Bekanntenkreis kam es schon zu mehreren Fällen von Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom). Er kam immer plötzlich und meist aus dem Nichts. Warum ist das so? Kann man überhaupt noch etwas machen bei dieser Diagnose?

Um es vorwegzunehmen: Ja, es gibt Hoffnung auf ein längerfristiges Überleben. Nämlich dann, wenn es gelingt, den Krebs vollständig im gesunden Gewebe zu entfernen. Zudem gibt es neue Wege, um verbessert auf den Krebs einzuwirken und damit die Prognose im Vergleich zu früher zu verbessern.

In der Schweiz erkranken pro Jahr rund 1 300 Menschen daran. Das sind zwar "nur" 3 % aller Krebserkrankungen, aber die Sterblichkeitsrate gehört zu den höchsten. Tendenziell steigen die Zahlen, bedingt durch Faktoren wie Rauchen, Alkohol und Übergewicht. Absoluten Schutz bietet ein gesunder Lebensstil jedoch nicht, zumal genetische und damit nicht beeinflussbare Faktoren eine Rolle spielen können. Betroffen sind Frauen und Männer gleichermassen. Tief im Oberbauch, zwischen Brustbein, Bauchnabel und vor der Wirbelsäule gelegen, ist die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) ein unscheinbares Organ von weicher Konsistenz. Sie ist nur 100-150 Gramm schwer, aber ein riesiges Kraftwerk. Sie produziert Verdauungssäfte, die zusammen mit der Galle alle Speisen aufschlüsseln und verdaubar machen. Zum anderen stellt sie hormonähnliche Stoffe her, etwa das Insulin, welches den Blutzucker reguliert.

Keine taugliche Vorsorgeuntersuchung

Leider gibt es keine taugliche Vorsorgeuntersuchung für Bauchspeicheldrüsenkrebs, zumal er sich innert Monaten entwickeln und Metastasen (Ableger des bösartigen Tumors in andere Organe) bilden kann. Wenn sich Symptome bemerkbar machen, etwa durch unspezifische Rückenschmerzen, ist es für eine Heilung oft zu spät. Bestrahlung bringt so gut wie nichts. Hilfreich kann eine sehr stark dosierte Chemotherapie sein, allerdings nicht als alleinige Massnahme. Bedeutendster Therapiepfeiler ist eine aufwendige und technisch anspruchsvolle Operation, die aber nicht immer möglich ist.

Schnelles Handeln ist elementar

Doch es gibt ermutigende Beispiele. Nehmen wir den Fall eines 62-jähigen Landwirts. Bei ihm zeigte sich zunächst ein kleiner Leistungsabfall. Als auch noch die Augen gelblich wurden und der Urin bierbraun, begleitet von einem seltsamen Beissen am Körper, ging der Mann sofort zum Hausarzt, der ihn umgehend zur weiteren Abklärung an uns überwies. Schnelles Handeln bei geringstem Verdacht ist elementar. Im Falle des Landwirts wurde ein Pankreaskarzinom diagnostiziert, das noch keine Metastasen gebildet und noch keine Schmerzen verursacht hatte. Der Tumor war im Kopf der Drüse lokalisiert. Das führte zu einem Verschluss der Mündung des Gallenblasenganges. Die Gallenflüssigkeit staut sich zurück, dadurch färbten sich die Augen gelb. Zunächst wurde beim Patienten eine "Entgilbung" vorgenommen: Mit einem Röhrchen (Stent) wurde der Abfluss der Galle wiederhergestellt.

Whipple-Operation: 5- bis 6-stündiger Eingriff

In einem zweiten Schritt wurde eine sogenannte Whipple-Operation vorgenommen. Dabei werden in einem 5- bis 6-stündigen Eingriff der Kopf der Bauchspeicheldrüse, der Zwölffingerdarm, ein Teil des Magens, Teile der Gallenwege und die Gallenblase entfernt. Der Tumor konnte im gesunden Gewebe entfernt werden. Ist dies nicht möglich, kann ein Doppel-Bypass angelegt werden. Speisen werden dann über den Magen direkt in den Dünndarm abgeleitet und die Gallenwege mit einem Stück Dünndarm verbunden.

Ein Leben ohne Bauchspeicheldrüse ist übrigens bei entsprechender Medikation dank neuer technischer Entwicklungen recht gut möglich. Der Landwirt blieb nach der OP noch 2 Wochen in der Klinik, gefolgt von 3 Wochen Reha. Nach 6 Wochen war er wieder alltagsfähig. Kein glücklicher Einzelfall: Wenn der Tumor im Gesunden entfernt werden kann und keine Metastasen vorhanden sind, überleben 25 Prozent der Operierten die nächsten fünf Jahre und gelten dann meist als geheilt.

Eingriff vorzugsweise in spezialisierten Zentren

Wichtig ist, dass solche für Arzt und Patient anforderungsreichen Eingriffe in dafür spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Nur zur Veranschaulichung: Bei einer Whipple-OP werden auf einer Fläche von gerade mal 3 cm3 bis zu 30 Nähte mit sehr feinem Nahtmaterial vorgenommen – in oft butterweichem Gewebe.

Ich will nicht verschweigen, dass längst nicht alle Fälle von Bauchspeicheldrüsenkrebs so gut verlaufen wie jener dieses Landwirts. Aber ich darf doch ohne Übertreibung sagen, dass mit den heutigen Therapiemethoden bei den meisten Patientinnen und Patienten Lebenszeit von guter Qualität gewonnen werden kann.

Prof. Dr. med. Beat Künzli
Facharzt für Chirurgie, spez. Viszeralchirurgie