Was ist eine Vollnarkose?

Die Vollnarkose, auch Allgemeinanästhesie genannt, versetzt unseren Körper in einen schlafähnlichen Zustand. Unser Bewusstsein, das Berührungs- und Schmerzempfinden werden vollständig ausgeschaltet und die Muskeln sind entspannt. Operationen sind so schmerz- und angstfrei durchführbar. Wichtige Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutkreislauf werden dabei ständig überwacht.

Risiken einer Vollnarkose

Vor jeder Allgemeinanästhesie findet ein Gespräch mit der Narkoseärztin oder dem Narkosearzt (FMH Titel Anästhesie) statt. Vorerkrankungen, Allergien und Medikamenteneinnahme kommen zur Sprache und der allgemeine Gesundheitszustand wird überprüft. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Herz- und Lungenfunktion.

Das Narkosegespräch dient der Erkennung von möglichen Risiken, damit die Narkose entsprechend angepasst oder vorbereitet werden kann.

Je nach Operation ist eine Anpassung der Medikamenteneinnahme notwendig. Zum Beispiel werden blutverdünnende Medikamente vor der Operation abgesetzt oder reduziert.

Nebenwirkungen und Komplikationen

Eine Vollnarkose ist nie vollständig risikofrei. Allgemeine und leichte Nebenwirkungen wie Heiserkeit, Halsschmerzen, Übelkeit und Erbrechen können nach jeder Allgemeinanästhesie auftreten. In sehr seltenen Fällen kann es durch das Einatmen (Aspiration) von Mageninhalt während der Narkose zu einer Lungenentzündung kommen.

Andere Komplikationen wie Herz-Kreislaufbeschwerden oder Atmungsprobleme sind vor allem vom Gesundheitszustand des Einzelnen abhängig.  Mit der Abklärung dieser individuellen Risiken ist das Anästhesieteam auf erhöhte Risiken vorbereitet und kann die Narkose entsprechend anpassen.  Schwere Komplikationen sind dadurch heutzutage sehr selten geworden und Vollnarkosen können auch bei Patienten mit Vorerkrankungen sicher eingesetzt werden. 

Ablauf

Vorbereitung

Der Verzicht auf Essen und Trinken vor einer Narkose dient vor allem der Verminderung des Aspirationsrisikos (siehe oben). Es gilt die Regel, ab sechs Stunden vor einer Operation nicht mehr zu essen. Bis zu zwei Stunden vor der Narkoseeinleitung dürfen noch klare Flüssigkeiten, wie Tee oder Säfte ohne Fruchtfleisch, ohne Alkohol und ohne Fett, in kleinen Mengen getrunken werden.

Für Raucher ist am Narkosetag Rauchverzicht angesagt. Schmuck, Kontaktlinsen, Hörgeräte, künstliche Haarteile etc. werden aus hygienischen Gründen abgelegt und auf Make-up sollte ebenfalls verzichtet werden. Um einer Verlegung der Atemwege vorzubeugen, müssen Zahnprothesen ebenfalls entfernt werden. 

Vorbereitungsraum

Als erstes gelangen wir in den Vorbereitungsraum. Dort werden mittels Checklisten nochmals die wichtigsten Daten überprüft. Das Narkoseteam legt einen Venenzugang an, damit Narkosemedikamente, Flüssigkeit und bei Bedarf weitere Medikament sofort in das Blut verabreicht werden können. Im Allgemeinen erhalten wir im Vorbereitungsraum auch schon ein Beruhigungs- oder Schlafmittel.

Operationssaal

Die Narkoseärztin oder der Narkosearzt verabreicht im Operationssaal die Narkosemedikamente (Anästhetika) über den Venenzugang und in der Regel auch über die Atemmaske, um die Vollnarkose während der gesamten Operation zu steuern. Die Narkosemittel bestehen aus Schlafmittel, Schmerzmittel und Muskelerschlaffungsmittel. Weil sie auch die Atmungsfunktion beeinträchtigen, wird, sobald wir schlafen, durch den Mund ein Schlauch in die Luftröhre gelegt (Intubation), um die Atmung während der Narkose zu unterstützen. Unsere Schluck- und Hustenreflexe sind während der Narkose ebenfalls ausser Kraft gesetzt. Daher ist Nüchternheit vor der Vollnarkose so wichtig, damit nicht Mageninhalt in die Atemwege gelangen kann.

Was passiert während der Vollnarkose mit dem Körper

Unser Körper ist in einem tiefschlafähnlichen Zustand. Die Narkosetiefe kann dabei je nach Operation unterschiedlich sein, wird aber in jedem Fall laufend überwacht, sodass wir während der gesamten Operationsdauer im gewünschten Zustand verbleiben. Herbeigeführt wird der tiefschlafähnliche Zustand durch die Narkosemittel, welche im Gehirn die elektrischen Signale beeinflussen und das Gehirn in einen Zustand der Bewusstlosigkeit versetzen. 

Herz-Kreislauf

Während der Narkose werden wichtige Körperfunktionen wie Herzaktivität (EKG), Blutdruck, Atmung, Sauerstoffversorgung und Körperkerntemperatur mithilfe von zahlreichen Messgeräten laufend überwacht. Manchmal werden bei grossen Operationen und speziellen Eingriffen zusätzlich auch noch die Hirnströme (EEG) kontrolliert. Das Anästhesieteam kann Störungen dieser Körperfunktionen während der Vollnarkose sofort erkennen und wenn nötig entsprechend korrigieren.

Darm- und Blasentätigkeit

Unsere Verdauungsorgane und die Harnblase werden während der Vollnarkose ebenfalls «lahmgelegt» (betäubt). Daher kann es nach dem Aufwachen jeweils eine gewisse Zeit dauern, bis diese Organe wieder richtig funktionieren.

Auch wenn während einer Operation Verdauung und Urinproduktion normal weitergehen, stellt dies praktisch nie ein Problem dar. Bei längeren Operationen wird durch Massnahmen wie der Einlage eines Blasenkatheters Abhilfe geschaffen.

Unwillkürlicher Harn- oder Stuhlabgang sind so selten, dass Sie sich deswegen keine Sorgen zu machen brauchen. Trotzdem ist notwendig, dass Sie vor der Operation die Blase entleeren.

Aufwachen im Überwachungsraum

Nach Beendigung der Operation wird die Zufuhr der Narkosemittel gestoppt und wir erwachen innerhalb von wenigen Minuten. Allerdings kann es noch längere Zeit dauern, bis wir das Bewusstsein wieder vollständig erlangen und die Umgebung ungetrübt wahrnehmen können.  Nach dem ersten Aufwachen zwischendurch wieder einzuschlafen ist dabei normal.  Während dieser Zeit werden im Überwachungsraum die Aufwachphase und die Körperfunktionen wie Blutdruck und Herzfrequenz noch einige Zeit überwacht bevor wir wieder zurück auf die Bettenstation gelangen.

Erholungszeit nach der Vollnarkose

Nach der Operation dauert es eine gewisse Zeit, bis alle Körperfunktionen wiederhergestellt und die Narkosemittel vollständig von unserem Körper abgebaut worden sind. Mit Trinken und Essen gilt es zu warten, bis die Verdauungsorgane wieder aktiv sind. Im Allgemeinen können wir etwa 30 min nach dem Aufwachen Flüssigkeit in kleinen Mengen zu uns nehmen und nach ein bis zwei Stunden mit leichter Kost beginnen. Bei grösseren Operationen im Bauch- oder Brustbereich kann es allerdings auch etwas länger dauern. 

Beschwerden nach der Narkose

Manchmal treten nach der Anästhesie Übelkeit und Erbrechen auf. Mit Medikamenten, sogenannten Antiemetika, kann man bereits vor der Narkose vorbeugend auf diese Beschwerden einwirken.

Die Reizung des Halses durch den Intubationsschlauch kann sich nach dem Aufwachen mit Heiserkeit und Halsschmerzen bemerkbar machen. Diese Beschwerden gehen aber relativ rasch vorüber.

Die Funktion unseres Nervensystems ist nach einer Vollnarkose auch noch für einige Zeit beeinträchtigt. In den ersten 24 Stunden nach der Anästhesie wird daher von der aktiven Teilnahme am Strassenverkehr und der Bedienung von Maschinen abgeraten. Gelegentlich können nach einer Vollnarkose vorübergehend das Kurzzeitgedächtnis, das Konzentrationsvermögen und die geistige Leistungsfähigkeit etwas beeinträchtigt sein. Dieses Phänomen kann einige Stunden bis Tage andauern und eine gewisse Verwirrtheit miteinschliessen.

Je nach Eingriff müssen dem Patienten nach einer Operation starke Schmerzmittel verabreicht werden, welche die Aufmerksamkeit und die Konzentrationsfähigkeit zusätzlich beeinträchtigen können.

In der Regel erholt sich der Patient innerhalb von wenigen Tagen vollständig von der Vollnarkose. Der weitere Verlauf der Erholung ist dann primär von der Art des Eingriffs und nicht mehr von der Narkose abhängig. 

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