Die erfolgreiche Behandlung von Lebermetastasen und Lebertumoren ist häufig sehr anspruchsvoll. Die vollständige Entfernung der Tumoren hat dabei einen fundamentalen Einfluss auf das Überleben der Patientinnen und Patienten. Einzelne Metastasen können heutzutage zuverlässig minimalinvasiv mit dem Operationsroboter entfernt werden. Bei Patienten mit multiplen Metastasen oder grossen Tumoren ist hingegen eine Vorbehandlung der Tumoren im Rahmen einer engen Zusammenarbeit von Onkologinnen, interventionellen Radiologen, Gastroenterologinnen und Leberchirurgen nötig, um optimale Ergebnisse zu erreichen. In diesem Artikel werden moderne interdisziplinäre Behandlungskonzepte vorgestellt, die auch bei Patienten mit fortgeschrittenem Leberbefall eine operative Tumorentfernung ermöglichen.

Lebermetastasen und primäre Lebertumore wie der Leberkrebs werden immer häufiger diagnostiziert. Die Ursache der Metastasen in der Leber ist in der Mehrzahl der Fälle der Dickdarmkrebs. Die komplette operative Entfernung der Tumoren ist entscheidend für eine optimale Prognose.

Die Etablierung der minimalinvasiven Operationstechnik ist einer der grossen Fortschritte in der Leberchirurgie. Mit Hilfe des Operationsroboters können heute selbst grosse Leberresektionen präzis, mit wenig Blutverlust durchgeführt werden. Dies führt zu einer deutlich schnelleren Rekonvaleszenz der Patientinnen und Patienten.

Multiple Metastasen und sehr grosse Lebertumoren

Bei multiplen Metastasen oder sehr grossen Lebertumoren ist die operative Entfernung allerdings häufig nicht ohne Vorbehandlung möglich. Die Operabilität ist in der Regel durch die Anzahl der Metastasen sowie deren Nähe zu elementaren Strukturen wie Gefässen oder Gallenwegen bedingt. Gibt es zu viele Metastasen oder liegen diese ungünstig, wurde bis anhin die Situation oft als inoperabel klassifiziert.

Hochspezialisierte Methoden ermöglichen aber heute häufig eine Entfernung der Tumoren. Der kritische Faktor bei der Beurteilung der Operabilität ist das verbleibende Lebervolumen nach der Operation. Ist dieses zu gering, kann die Tumorentfernung zu einem Leberversagen führen, was eine schwere Komplikation darstellt.

Die Leber hat jedoch die einzigartige Fähigkeit, sich zu regenerieren bzw. zu wachsen. Diese Fähigkeit wird heutzutage von den Spezialistinnen und Spezialisten genutzt, um ein postoperatives Leberversagen zu verhindern. Strategien zur Vergrösserung einzelner Lebersegmente vor einer Operation haben die komplexe Leberchirurgie in den letzten Jahren massgebend beeinflusst.

Portalvenenembolisation und zweizeitige Resektion

Die Portalvenenembolisation ist eine Strategie, um multiple Lebermetastasen zu behandeln. Sie wird häufig mit der zweizeitigen Leberresektion kombiniert (Tumorentfernung in zwei zeitlich getrennten Eingriffen). Als erster Schritt wird dabei eine Seite der Leber operiert und von den Metastasen befreit. Anschliessend wird zwei Wochen später die venöse Blutversorgung der anderen Leberhälfte mittels kathetertechnischer Embolisation in örtlicher Betäubung verschlossen. Dies führt zu einer Vergrösserung der bereits tumorfreien Leberhälfte – auch Hypertrophie genannt – und erlaubt in einer zweiten Operation die Entfernung der anderen Leberhälfte mit den verbleibenden Tumoren.

ALPPS und Doppelvenenembolisation

Trotz der Einführung der Portalvenenembolisation und der zweizeitigen Leberresektion führte die Strategie nur bei einem Teil der Patienten zu einer genügenden Hypertrophie der Leber. Aus diesem Grund wurden andere Verfahren wie ALPPS (associating liver partition and portal vein ligation) entwickelt. Dabei wird in einer ersten Operation das kranke vom gesunden Lebergewebe mit einem Schnitt getrennt und die Blutzufuhr zum tumorbefallenen Teil gekappt. Dies führt zu einer stärkeren Durchblutung des gesunden Teils, worauf dieser deutlich wächst. Zwei Wochen nach dem ersten Eingriff wird der kranke Leberteil in einer weiteren Operation entfernt. ALPPS hat sich aber letztlich international aufgrund der hohen Komplikationsrate nicht durchgesetzt.

Die Doppelvenenembolisation ist eine vielversprechende neue Technik, welche von Prof. E. Schadde mitentwickelt wurde. Bei dieser Intervention werden sowohl die zuführenden als auch die abführenden Venen einer Leberseite kathetertechnisch in örtlicher Betäubung verschlossen. Mit dieser Technik lässt sich im Vergleich zur klassischen Portalvenenembolisation eine bessere Leberhypertrophie erreichen, so dass mehr Patienten erfolgreich operiert werden können (vgl. Abb. 1).

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Abb. 1: Zweizeitige Leberresektion mit Doppelvenenembolisation (COPYRIGHT Klinik Hirslanden, Zürich)

Interventionelle radiologische Verfahren (Mikrotherapie) und Chemotherapie

Inzwischen gibt es ausserdem eine Vielzahl weiterer minimalinvasiver Behandlungsmöglichkeiten für Lebermetastasen. Bei den sogenannt lokalen Therapien wird bildgesteuert eine Sonde in die Tumoren eingebracht, worüber das Tumorgewebe dann mittels Hitze, Kälte oder ultrakurzer, starker Stromstösse zerstört wird. Dazu gehören die Radiofrequenz-Ablation, Mikrowellen- Ablation und die irreversible Elektroporation. Bei der Chemoembolisation (TACE) oder Radioembolisation (TARE/ SIRT) nutzt man die vermehrte arterielle Durchblutung von Tumoren und bringt über die Leberarterie kleine Mikrokügelchen in den Tumor ein, um die Durchblutung der Tumoren zu reduzieren oder diese lokal zu bestrahlen. Selbstverständlich können heute Metastasen in der Leber auch mit modernen Chemotherapien verkleinert werden, um so eine allfällige Nähe zu vitalen Strukturen zu verringern.

Durch die Kombination von Chemotherapie und interventionell radiologischen Verfahren inklusive mikrotherapeutischer Bestrahlung können heute Tumoren chirurgisch entfernbar gemacht werden, die bisher als unresektabel galten. Die Wahl der optimalen Kombination solcher Behandlungen und die Expertise in der Durchführung sind allerdings von entscheidender Bedeutung. Nur die interdisziplinäre Fallbesprechung und die gemeinsame Festlegung der geeigneten Strategie führen zum Ziel. Wir haben deshalb an der Klinik Hirslanden eine Gruppe

 

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Prof. (US) Dr. med.
Erik Schadde
Chirurgisches Zentrum Zürich
Standort Klinik Hirslanden
Witellikerstrasse 40 8032 Zürich

Glossar

  • PORTALVENE: Grosse Vene, welche das nährstoffreiche Blut von den Därmen in die Leber führt.
  • LEBERRESEKTI ON: Operativer Eingriff, bei dem ein Teil der Leber entfernt wird
  • EMBOLISATION: Künstlicher Verschluss von Blutgefässen mit kleinsten Partikeln
  • HYPERTROPHIE: Vergrösserung eines Gewebes oder Organs durch Zellvergrösserung bzw. Zunahme des Zellvolumens.
Regina Gerdes
Regina Gerdes
Leiterin Marketing & Kommunikation
Klinik Hirslanden