Hodenkrebs tritt bei Männern jeden Alters auf, auch vor dem Erwachsenenalter. Am häufigsten sind jedoch junge Männer zwischen 20 und 40 Jahren betroffen. Der Krebs befällt in der Regel nur einen Hoden. Die Heilungschancen von Hodenkrebs sind oft sehr gut, auch in fortgeschrittenem Stadium, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben. In der Schweiz gibt es jährlich rund 440 neue Fälle von Hodenkrebs. In 85% der Fälle sind die Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose jünger als 50 Jahre.

Bei Hodenkrebs wird der vom Tumor befallene Hoden operativ entfernt. Eine Chemotherapie wird oft angeboten, um das Rückfallrisiko zu verringern. Bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung kann eine Strahlentherapie und eine Chemotherapie erforderlich sein. In den meisten Fällen beeinträchtigt Hodenkrebs weder die Sexualfunktion noch die Fortpflanzungsfähigkeit. Allerdings sollten bei Kinderwunsch vor der Hodenentfernung und spätestens vor einer Chemotherapie oder Strahlentherapie Spermien eingefroren werden.

Patientengespräch bei Verdacht auf Hodenkrebs

Arten von Hodenkrebs

Je nach den Zellen, die den Tumor verursachen, können sich verschiedene Arten von Hodenkrebs entwickeln. Es ist wichtig, die seminomatösen Krebsarten zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um Tumore, die aus gonadendifferenzierenden und nichtseminomatösen Keimzellen (den Fortpflanzungszellen) stammen. Der Sammelbegriff «nichtseminomatös» bezeichnet alle Arten von Hodenkrebs, die aus Keimzellen der embryonalen oder extraembryonalen Differenzierung (d. h. Zellen, die sich so verhalten, als ob bereits eine Befruchtung stattgefunden hätte) entstehen. Diese Unterscheidung ist wichtig, da beide Tumorarten unterschiedlich behandelt werden. Beispielsweise wird bei nichtseminomatösem Krebs keine Strahlentherapie angeboten, da diese Krebsform nicht auf die Strahlung reagiert.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen von Hodenkrebs sind noch weitgehend unbekannt. Ein erhöhter Risikofaktor ist ein fehlender Abstieg des Hodens bei der Geburt (Kryptorchismus). Bei Kryptorchismus ist die Wanderung des Hodens in den Hodensack (Scrotum) im fötalen Alter aus verschiedenen Gründen unvollständig oder erfolgt zu spät . Der Hoden verbleibt also in der Bauchhöhle oder Bauchwand. Dann ist er nicht immer voll funktionsfähig. Es scheint auch einen erblichen Faktor zu geben, da Hodenkrebs manchmal bei mehreren Personen in einer Familie auftritt. Es sind keine Umweltfaktoren bekannt, die Hodenkrebs verursachen.

Symptome bei Hodenkrebs

Hodenkrebs verursacht anfangs keine oder nur wenige Symptome. Frühsymptome können sein:

  • Eine Schwellung oder die Vergrösserung des Hodensacks
  • Verhärtungen oder Knoten im Hoden.

Diese Symptome sind in der Regel schmerzlos. Mit der Zeit kann sich ein Schweregefühl oder ein Ziehen im Hoden entwickeln. Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung können folgende Symptome auftreten:

  • Müdigkeit
  • Appetitlosigkeit,
  • Gewichtsverlust
  • Rückenschmerzen.

Diagnose

Meist wird Hodenkrebs zufällig beim Abtasten der Hoden entdeckt. Bei jeder Änderung der Grösse oder Verhärtung eines Hodens sowie dem Vorhandensein von Knoten sollte kurzfristig ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden, dies ist jedoch nicht dringend. Bei Verdacht auf Hodenkrebs werden diverse Untersuchungen wie Ultraschalluntersuchung, Blutuntersuchung (u. a. Tumormarker), Tomographie durchgeführt.

Hodencheck: Früherkennung durch Abtasten

Durch regelmässiges Abtasten der Hoden kann Krebs im frühen Stadium erkannt werden. Durch dieses regelmässige Abtasten (einmal monatlich) der Hoden können Anomalien in einem frühen Stadium leicht erkannt werden. Am besten ist es, das Abtasten im Stehen unter einer warmen Dusche durchzuführen, um die Haut des Hodensacks zu entspannen und die Hoden besser in die Hand nehmen zu können. Der Nachweis einer Schwellung, Verhärtung oder eines harten Knotens im Hodenbereich ist ein Hinweis, dass der Patient rasch einen Urologen aufsuchen sollte, um weitere Untersuchungen durchzuführen. 

Regelmässiges (monatliches) Abtasten der Hoden wird bei Männern mit Risiken empfohlen (z. B. Kryptorchismus in der Anamnese, Hodenkrebs in der persönlichen oder familiären Anamnese). Dies wird oft auch jungen Männern im Alter von 14 bis 45 Jahren ohne besonderes Risiko angeboten, um diese Krebsart  im frühen Stadium zu erkennen.

Behandlung von Hodenkrebs

Die Behandlung von Hodenkrebs hängt von der Art des Tumors und dem Krankheitsstadium ab. Grundsätzlich wird zuerst vorgeschlagen, Spermien einzufrieren, um die Fruchtbarkeit zu erhalten. Erst danach sollte der erkrankte Hoden chirurgisch entfernt werden. Denn wenn keine Samenzellen im Sperma vorhanden sind, sollte der Eingriff in einem hochspezialisierten Zentrum durchgeführt werden, um gleichzeitig das gesunde Gewebe des Hodens oder der Hoden auf Samenzellen zu untersuchen (dieser Eingriff wird oncoTESE genannt). In bestimmten Fällen wird eine kontralaterale Hodenbiopsie vorgeschlagen.

Bei einer wenig verdächtigen Läsion kleiner als 1 cm und mit negativen Markern kann eine ablative Chirurgie unter Erhalt des restlichen befallenen Hodens in einem spezialisierten Zentrum besprochen und durchgeführt werden. Sehr oft und auch ohne Tumorbefall durch Streuung (Lymphknoten oder Metastasen) wird zur Kontrolle des Rückfallrisikos eine kurze Chemotherapie angeboten. Zur Überwachung des Behandlungserfolges sollten die Patienten regelmässig Kontrolluntersuchungen durchführen.

Bei einem fortgeschrittenen Hodentumor wird nach der Operation eine Chemotherapie und je nach Krebsart auch eine Strahlentherapie durchgeführt. Der Hodenkrebs spricht sehr gut auf diese Arten der Therapie an. Damit können auch Spätstadien der Erkrankung mit Metastasen in den meisten Fällen geheilt werden.

Gelegentlich werden nach der Entfernung eines Hodens nicht mehr genügend Geschlechtshormone (Testosteron) gebildet. In solchen Fällen ist eine medikamentöse Testosterongabe für den Patienten erforderlich.

Hodenkrebs, Sexualfunktion und Zeugungsfähigkeit

Da der Tumor in der Regel nur einen Hoden befällt, hat die chirurgische Entfernung keinen Einfluss auf die Sexualität. Der Fortpflanzungsfähigkeit bleibt bei den meisten Patienten in der Regel erhalten. In einigen Fällen kann diese Fähigkeit durch eine hochdosierte Chemotherapie oder durch eine Strahlentherapie beeinträchtigt werden.

Deshalb sollte vor Therapiebeginn das Einfrieren von Spermien in Betracht gezogen werden, insbesondere bei Kinderwunsch. Es kann vorkommen, dass nach einer Hodenentfernung oder einer Strahlentherapie die Ausschüttung von Sexualhormonen (Testosteron) unzureichend ist. In diesem Fall sollte der Patient ein Medikament zur Nährstoffergänzung mit Testosteron erhalten.

In sehr seltenen Fällen kann eine Chirurgie zur Entfernung eines Metastasenrestes (die sogenannte retroperitoneale Abrasion) zu einem Ausbleiben des Samenergusses (trockener Orgasmus) führen. Dieses Risiko ist begrenzt, wenn die Chirurgie von einem Expertenzentrum durchgeführt wird, das gewöhnlich die beteiligten Nerven schont.

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